Abwechslung bleibt am wichtigsten

Abwechslung bleibt am wichtigsten

Aufwuchsfresser lieben Algen – aber welche?

Text & Fotos: HEIKO BLESSIN


Wer schon einmal im Mittelmeer schnorcheln war, dem sind bestimmt die vielen hübschen Algenarten im Flachwasser auf den Felsen aufgefallen. Wer in einem Süßwassersee schnorchelt, wird im Flachwasser bei einem sauberen See ohne Wasserbelastung eher keine und ansonsten fädige oder flächige Grünalgen sehen. Und im Malawisee?

Beim ersten Blick unter die Wasseroberfläche wird klar, dass das Algenangebot sehr speziell ist. Nur in den obersten 60 bis 90 cm sind tatsächlich an sonnendurchfluteten Stellen Grünalgen zu sehen. Unterhalb dieser Zone hören sie auf. Dort sind Grünalgen nicht einmal als Flecken zu finden – und das liegt nicht daran, dass die Aufwuchsfresser sie restlos vernichtet haben! Nein, unterhalb der kurzen Grünalgenzone beginnt der Kieselalgen- und Cyanobakterienbereich.

Die Algenrasen sind dicht und dick.

Diese Region ist der Hauptlebensraum der aufwuchsfressenden Arten und reicht bis in etwa zehn Meter Tiefe hinunter. Aber das ist keine feste Grenze. Mal sind es ein paar Meter tiefer, mal ein paar Meter weniger. In den Schattenbereichen der großen Felsen, und damit meine ich hausgroße Felsen, enden die Algenbereiche früher. In Meeren sind dort dann die schattenliebenden Rot- und oft Kalkalgenarten zu finden. Ein Pendant dazu gibt es im Malawisee nicht.

Diatomeen und Cyanos sind für diese Buntbarsche wichtig.


Drei Typen

Wissenschaftler haben Magenuntersuchungen bei Aufwuchsfressern durchgeführt und im Prinzip drei Ernährungstypen gefunden: Der überwiegende Anteil von ihnen ernährt sich von den Algen und den darin lebenden Planktonorganismen. Einige Arten versuchen, nur die Algen zu erwischen, und einige Arten bevorzugen die Kleinstlebewesen in den Algen.

Bei der Aquarienpflege ist es wichtig, dass wir bei der Ernährung berücksichtigen, dass die meisten Arten eben einen Mix aus pflanzlichen Proteinen und einem kleineren Teil an tierischen Proteinen erhalten. Das Schlimme ist, dass sich die Aufwuchsfresser um tierische Proteine geradezu reißen! Bei einem Tauchgang im Malawisee konnte eine Traube von Aufwuchsfressern um einen Fischkadaver beobachtet werden. Wer den ganzen Tag im Gemüseladen lebt, der freut sich eben riesig über ein Steak.

Ein endständiges Maul bedeutet eine senkrechte Fress-Position.

Bei der Konzeption eines Futters für die aufwuchsfressenden Cichliden aus dem Malawi- und Tanganjikasee können die gleichen Anforderungen als Maßstab angelegt werden. Ein Tropheus aus dem Tanganjikasee ernährt sich sehr ähnlich wie die Pseudotropheus- oder Maylandia-Arten aus dem Malawisee. JBL hat diese wissenschaftlichen Daten als Grundlage zur Entwicklung von JBL PRONOVO MALAWI genommen und ein Protein-Fettverhältnis von 6,3:1 erreicht.

Senkrechte Wände gleich waagerechte Fischposition.

Leider schreibt die Futtermitteldeklaration nur vor, den Gesamtproteingehalt anzugeben, der bei diesem Futter bei 38 % liegt. Aber erst ein Blick auf die Zusammensetzung schlüsselt auf, welche pflanzlichen und welche tierischen Proteine verwendet wurden. Da bei Zusammensetzungen immer in absteigender Reihenfolge aufgezählt werden muss, bilden die wertvollen Spirulina-Algen den Hauptanteil der Proteine.

Wissenschaftler haben in der Aquakultur herausgefunden, dass für die meisten Fischarten der optimale Spirulina-Anteil im Futter zwischen 5 und 15 % liegt. Nur bei Oreochromis niloticus (Nilbuntbarsch) liegt der maximale Spirulina-Gehalt bei 30 %. Da die Fische aber eben nicht ausschließlich Cyanobakterien oder Kieselalgen (Diatomeen) fressen, darf (!) das Futter auch keine 100 % Spirulina enthalten.


Die Maulposition

Eine weitere interessante Beobachtung ist die Maulposition der aufwuchsfressenden Buntbarsche: Nur die Schabemundbuntbarsche (Labeotropheus fuelleborni) haben ein richtig unterständiges Maul, das eigentlich die ideale Position für Algen abweidende Fische darstellt. Ein Blick auf alle anderen Aufwuchsfresser im Malawisee zeigt jedoch, dass sie endständige Mäuler besitzen. Eine Fehlentwicklung?

Das sind richtige Raspelzähne.
Grünes Granulat wurde liegengelassen.

Erst Unterwasserbeobachtungen zeigen, dass es nicht zwingend eine waagerechte Lage der Fische sein muss, um die Algen von den Steinen abzuweiden. Gerade die großen Steine erzeugen senkrechte Felswände, und genau dort stehen die Fische waagerecht im Wasser, wenn sie an den Steinen „grasen“. Die ideale Fischposition ist nur im Bezug auf Fressfeinde wichtig, da der Fisch dann schnell manövrieren muss.

Im Aquarium fehlt oft der Aufwuchs.

Kommen wir zurück zur Ernährung: Die wenigsten von uns pflegen nur eine Art oder nur einen strikten Ernährungstypus im Aquarium. Daher gilt, wie bei den meisten Fischen im Aquarium: Abwechslung ist das wichtigste für eine artgerechte und gesunde Ernährung. Einzige Alternative: Man trainiert die räuberischen Buntbarsche, beim Füttern an der linken Seite und die Aufwuchsfresser an der rechten Ecke des Aquariums zu fressen. Viel Spaß beim Training! ;-)