Aller (Neu)Anfang ist schwer

Aller (Neu)Anfang ist schwer

Trotz Schneechaos: Über 4.000 Besucher kamen zur Fisch & Reptil ohne Reptilien

Text & Fotos: OLIVER MENGEDOHT


„Für das Wetter kann ja keiner etwas, wenn’s geschneit als wenn es kein Morgen gäb“. Iris Müller von Müller Aquarienschränke und -Aquaristikzubehör aus Kisslegg brachte es auf den Punkt: Die Messe Fisch & Reptil legte nach dem Umzug aus Sindelfingen an den neuen Standort in Ulm eine halbe Bauchlandung hin: Ausgerechnet vor dem starken Samstag legte ein halber Meter Schnee große Teile Bayerns und Baden-Württembergs lahm. „Der Schnee hat uns bestimmt 50 Prozent Besucher gekostet“, pflichtete Andreas Christmann bei, Inhaber vom Koi-Zentrum Südwest aus Ramstein. „Das haben wir in Sindelfingen einmal genauso schlimm erlebt.“

Interessierte Besucher am recht großen Eheim-Stand.

Iris Müller hofft jedenfalls, dass die Messeleitung „es ans Laufen bekommt: Die Halle hat Potenzial mit dieser Umgebung und dem günstigen und nahen Parken.“ Sie ist mit ihrem Ehemann Roland Müller im kommenden Jahr „wahrscheinlich wieder dabei.“ Auch Andreas Christmann ist zufrieden: „Neuer Standort, Neustart nach Corona und das Wetter – natürlich kann es nicht eins zu eins wie in Sindelfingen losgehen.“
Problematisch für die Messeleitung um Geschäftsführer Ralph-Michael Hohenstein war neben dem Wetter vor allem, dass die Terraristik fast nicht stattfand: Aufgrund ungewöhnlich hoher Auflagen seitens des Veterinäramts in Ulm konnten überhaupt keine Reptilien gezeigt werden. „Den Ärger der Besucher darüber kann ich voll verstehen“, gestand Hohenstein. Für ein Fortführung bekräftigte er, dass „bei dem Namen klar sein muss, dass Reptilien kommen dürfen“.

Zeitweise mussten die Zuhörer bei den Vorträgen – hier Bernd Kaufmann – sogar stehen, weil es nicht genügend Sitzplätze gab.

Knapp über 4.000 Besucher waren dem Ruf der beliebten Messe trotzdem gefolgt. „Natürlich kommt diese Zahl nicht annähernd an die gewohnten Sindelfinger Zahlen heran, ist aber in Anbetracht einiger widriger Umstände vielleicht doch nicht ganz so schlecht“, meinte auch Projektleiterin Manuela Schabla. Obwohl einige renommierte Hersteller nicht vor Ort seien, war es für Michael Degen, Geschäftsführer von Tropical Deutschland, „auf alle Fälle eine gute Veranstaltung, auch wenn uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht hat.“ Die Stände hätten aber eine sehr hohe Qualität und nach der langen Corona-Auszeit müsse man der Fisch & Reptil unbedingt noch eine zweite Chance geben.
Der Zuspruch bei der Aqua-Fisch in Friedrichshafen sei nach der Pandemiepause ja auch noch nicht wieder auf dem alten Niveau gewesen. „Ich habe mit einigen Kollegen gesprochen und alle wollen wiederkommen, wenn es nochmal stattfindet“, berichtete Michael Degen „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen, aber der Werbeeffekt lohnt auf jeden Fall.“ Das Vortragsprogramm – wie gewohnt in den Bereichen Meerwasser, Süßwasser
und Terraristik – erfreute sich jedenfalls großer Beliebtheit, bei manchem Vortrag reichten die Sitzplätze nicht aus. Auch der VDA (Verband Deutscher Vereine für Aquarien- und Terrarienkunde) zeigte sich zufrieden: „Wir hatten sehr viele gute Gespräche an unserem Stand“, berichtete Schatzmeister Christoph Reinhardt für das Präsidium. Viele Besucher hätten Interesse an der Arbeit des Verbands und der organisierten Aquaristik und Terraristik gezeigt. Außerdem habe er viele sehr gute Gespräche mit Mitgliedern der Vereine aus der Region geführt, so Christoph Reinhardt. „Aus VDA-Sicht eine sehr erfolgreiche Veranstaltung.“

Christian Siefert aus dem Elsass brachte wie schon vorher in Sindelfingen seine gezüchteten Fische mit zur Börse, diesmal vor allem Guppys.

Ein ähnliches Fazit zog Steffen Kuhn, der Vorsitzende des AKWB (Arbeitskreis Wirbellose in Binnengewässern). „Für die Aquaristik ist die Messe gut, auch wenn es schade ist, dass die Terraristik fehlt.“ Ein Neustart sei immer schwierig, „aber wir haben hier das nötige Potenzial“, ist sich Steffen sicher.
Ein Mitglied des AKWB ist Hermann Magoschitz aus Lindelburg mit seinen Hochzucht-Guppys. Neben den Lebendgebärenden zeigte er auch Neocaridina-Garnelen. „Guppy Mosaique“ hatte Christian Siefert vom Aqua-Club 1996 Saverne aus Zabern bei Straßburg dabei. „Ich habe nach 30 Jahren wieder mit Guppys angefangen“, verriet der Elsässer, der schon seit 32 Jahren Fische züchtet. Salmler gingen hingegen nicht mehr so gut weg wie früher, „nur noch Farbschläge und Neons“. Früher bedeutet bei ihm sechs Jahre Sindelfingen sowie außerdem Friedrichshafen.

Bunte Hochzucht-Guppys von AKWB-Mitglied Hermann Magoschitz.

Auch ohne Echsen und Schlangen war die Fisch & Reptil sicher kein Reinfall, so das Fazit vieler Aussteller und Besucher. Verbesserungspotenzial gibt es aber schon. Ob und wie es mit der Fisch & Reptil weitergeht, will die Messegesellschaft Anfang bis zum Frühjahr entscheiden.