Beschreibung Titelbild: Zum Vivarium am Mariengymnasium gehören zwei Aquarien im Flur und verschiedene Terrarien und Aquarien in der Biologiesammlung.
Die Zierfrischfreunde Warendorf unterstützen das Schulvivarium am Mariengymnasium (Teil 2)
Text & Fotos: MAIKE WILSTERMANN-HILDEBRAND
Lebende Tiere in der Schule wecken Interesse an der Natur. Sie machen den Biologieunterricht lebendig und ermöglichen es den Kindern, eigene Erfahrungen zu sammeln. Am Mariengymnasium in Warendorf werden bereits seit vielen Jahren Tiere gepflegt. Seit Frühjahr 2022 unterstütze ich im Namen unseres Aquarien- und Terrarienvereins Zierfischfreunde Warendorf dieses Schulvivarium und biete eine Arbeitsgemeinschaft für Schülerinnen und Schüler an. Dadurch haben wir die Möglichkeit, aktiv Jugendarbeit im Bereich der Vivaristik zu leisten.
Arten in der AG
Neben den schuleigenen Leopardgeckos und den Indischen Stabschrecken (Carausius morosus) gibt es Achatschnecken (Lissachatina fulica), Kurzscheren-Landeinsiedler (Coenobita brevimanus), Mehlkäfer (Tenebrio molitor), Steppengrillen (Gryllus assimilis) und zwei Andersons-Querzahnmolche (Ambystoma andersoni) in der Schule. Außerdem beteiligt sich das Vivarium am Erhaltungszuchtprogramm für die Mallorca-Geburtshelferkröte (Alytes muletensis) von Citizen Conservation.
Glühlichtsalmler gehören zum Besatz im Südamerikabecken.
Im Südamerikabecken schwimmen Guyana-Skalare, Glühlichtsalmler und Schwielenwelse. Aus unserem privaten Tierbestand wechseln verschiedene Tiere im Jahresverlauf den Standort und verbringen immer vorübergehend einige Wochen oder Monate in der Schule. Zum Beispiel leben unsere Moschusschildkröten im Sommer in ihren Aquarien bei uns im Gewächshaus. Einige von ihnen sind aber während der Übergangszeiten im Vivarium zu sehen.
Im Südamerikabecken leben auch Skalare und Schwielenwelse.
Außerdem halte ich Große Schwarzkäfer (Zophobas morio), verschiedene Rosenkäferarten, Sungaya-Stabschrecken (Sungaya inexpectata), Dschungelnymphen (Heteropteryx dilatata), Wandelnde Blätter (Phyllium philippinicum, P. letiranti), Madagaskar-Fauchschaben (Gromphadorhina portentosa), Smaragdschaben (Pseudoglomeris magnifica), Tausendfüßer (Spirostreptus sp.), diverse Asseln, Ofenfischchen und Kornnattern (Pantherophis guttatus).
Große Schwarzkäfer gehören zu den verschiedenen Insekten im Schulvivarium.
Die Aquarien-, Terrarien- und Umwelt-AG steht allen Jahrgangsstufen offen. Im Schuljahr 2023/2024 haben daran 17 Kinder aus der 5. bis 9. Klasse teilgenommen. In Gruppen aufgeteilt pflegen sie jeweils für einen Monat ein Aquarium oder Terrarium während der AG-Zeiten. So ist sichergestellt, dass alle jedes Tier im Vivarium im ersten Schulhalbjahr kennenlernen.
Eine Mehlkäferzucht ist Bestandteil der „Insekten-Werkstatt “.
Nachdem die Tiere versorgt sind, sehen wir sie uns genauer an oder beschäftigen uns mit verschiedenen Themen. Zum Beispiel hatten wir einen Imker zu Besuch, der an einer Schaubeute den Aufbau eines Bienenstocks erklärt hat. Ein anderes Mal brachte eine Vereinskollegin ihre Landschildkröten mit. Wir haben eine Tomatenverkostung gemacht, diskutieren über Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Amphibiensterben oder Insekten als Nahrungsmittel.
Ein Imker hat den Kindern den Aufbau eines Bienenstocks erklärt.
Mithilfe von kurzen Präsentationen und Informationsmaterial, das ich über eine Gruppe in Teams mit den Schülern teile, lernen die AG-Teilnehmer die Grundlagen der Aquaristik und können am Schuljahresende einen „Aquarien-Führerschein“ machen. Im Sommerhalbjahr steht außerdem Säen und Pflanzen im Schulgarten mit auf dem Plan.
Durch die Fenster sind die Tiere in der Biosammlung zu sehen. Die Bank davor ist ein beliebter Platz in Pausen und Freistunden.
Positive Resonanz
Die Schülerinnen und Schüler sind begeistert davon, direkten Kontakt mit Lebewesen zu haben, die sie sonst nur in den Medien sehen würden. Sie überwinden Berührungsängste, sammeln Sinneseindrücke und eigene Erfahrungen über das Verhalten ihrer Pfleglinge. Ihr Interesse an der Lebensweise und der Biologie der Tiere motiviert sie. Sie haben Freude bei den anfallenden Pflegearbeiten. Für manche ist die AG die einzige Möglichkeit, Umgang mit Tieren zu haben und darum ist sie ihr Highlight der Woche. Die Kinder und Jugendlichen teilen ihre Erfahrungen mit ihren Mitschülern, Eltern und Geschwistern. Sie sind stolz auf ihren Beitrag am Projekt und darauf, zu einer kleinen Gruppe zu gehören, die besondere Einblicke bekommt.
Hinter den Kulissen: ein Blick in das Vivarium in der Biologiesammlung.
Beim Tag der offenen Tür bekamen wir auch von den Eltern positives Feedback. Diese sind zum Teil von der Begeisterung ihrer Kinder für die exotischen Tiere erstaunt und gleichzeitig froh, dass die AG eine Möglichkeit zum Ausprobieren bietet.
Mein ganz besonderes Anliegen ist es, dass die Vivarientiere sinnvoll im Biologieunterricht eingesetzt werden können. Lebende Tiere sind ideal, um die Kennzeichen des Lebens zu erklären (Bewegung, Reizbarkeit, Stoffwechsel, Fortpflanzung, Entwicklung, Wachstum), die Angepasstheit an Lebensräume zu veranschaulichen (Lebenszyklus, Ernährung, Tarnung, Abwehrverhalten) und Fortpflanzungsstrategien (Brutpflege, r-und k-Strategen, Sexualdimorphismus, Parthenogenese, hemimetabole und holometabole Entwicklungen) zu zeigen.
Die beiden Leopardgeckos sind bereits seit etwa 15 Jahren in der Schule – länger als manche Lehrkraft .
Bei der praktischen Arbeit mit den Tieren in Schülerversuchen und bei Betrachtungen lernen Schülerinnen und Schüler das wissenschaftliche Arbeiten. Dazu gehört, das Vorgehen und wesentliche Ergebnisse bei Untersuchungen und Experimenten zu dokumentieren.
Konzepte und Jugendarbeit
Die Tiere sind so ausgewählt, dass Gemeinsamkeiten und Unterschiede an ihnen gezeigt werden können: Amphibien und Reptilien, Froschlurche und Schwanzlurche, verschiedene Formen von Käferlarven, Tarnung und Verhalten bei Stabschrecken, Gespenstschrecken und Wandelnden Blättern, Fortpflanzungsstrategien bei Fischen (Substratlaicher, Freilaicher und Schaumnestbauer) und so weiter.
Es gibt verschiedene Lebensräume (Rio Essequibo, Wüste, halbfeuchter Wald). Die Klimadaten in den Terrarien werden mit Datenloggern erfasst. Sie können mit Klimadiagrammen aus den Herkunftsgebieten der Tiere verglichen werden.
Mehrere Arten von Schaben werden gehalten.
Die Landeinsiedlerkrebse sind die wohl ungewöhnlichsten Bewohner im Vivarium.
Zu allen gepflegten Tieren habe ich Infomaterial zusammengestellt, in dem neben dem Entwicklungszyklus und einem Steckbrief auch Besonderheiten der Tiere aufgeführt sind. Dieser Steckbrief ist zusammen mit einer Schritt-für-Schritt-Anleitung und einem Pflegeprotokoll in einer Mappe. Darin sind auch die Gebrauchsanweisungen für die technische Ausstattung der Aquarien/Terrarien. Bei den geschützten und meldepflichtigen Tieren enthält der Hefter außerdem Kopien der Herkunfts- und Meldebescheinigungen.
Zum Tier des Monats entwerfe ich ein kleines Poster mit Fakten rund um das Tier, die hoffentlich das Interesse wecken, sich näher damit zu beschäftigen. Zum Beispiel gab es bei der Mallorca-Geburtshelferkröte einen QR-Code zum Kreaturen-Podcast von Citizen Conservation über diese Art und ich habe das Buch „Von Okapi, Scharnierschildkröte und Schnilch“ mit ausgestellt.
Das Waldterrarium hat wechselnde Bewohner. Die Einrichtung wird entsprechend der Bedürfnisse der Tiere angepasst.
Im Schaufenster zeige ich auch Poster vom Reptil oder dem Lurch des Jahres, Informationen zum Amphibiensterben oder auch mal verschiedene Samenkörner. Eine „Insekten-Werkstatt“ mit Aufgaben zu den im Vivarium lebenden Käfern, Grillen und Stabschrecken soll in Zukunft die Einbindung in den Unterricht erleichtern.
Die Zierfischfreunde Warendorf sind ein kleiner Verein und wir haben keinen Vereinsraum mit Dauerausstellung als Anlaufstelle für Interessenten. Neue Kontakte können wir nur auf Messen, Börsen und anderen öffentlichen Veranstaltungen herstellen. Durch das Vivarium und die Aquarien-, Terrarien- und Umwelt-AG in der Schule bietet sich für uns eine Möglichkeit, aktive Jugendarbeit zu leisten.
Indische Stabschrecken tarnen sich als Zweige und vermehren sich ausschließlich durch Jungfernzeugung.
Mit der Betreuung des Vivariums und der Vorbereitung auf die wöchentliche AG-Stunde ist jetzt am Anfang viel Arbeit verbunden, weil die Pflegeanleitungen, Tier-Steckbriefe und Präsentationen zu den verschiedenen Themen erst erstellt werden müssen. Aber ich nehme mir diese Zeit gerne, weil ich glaube, dass es wichtig ist, Kindern Tiere zu zeigen, sie mit ihnen in Kontakt zu bringen und ihnen so eine realistische Vorstellung von deren Bedürfnissen, Eigenarten und Fähigkeiten zu vermitteln. Das Schulvivarium ist meiner Meinung nach besonders gut dafür geeignet, weil nicht nur die AG-Kinder, sondern alle Schüler und Schülerinnen die Möglichkeit haben, die Tiere zu sehen.
Mehr Infos finden Sie unter https://www.zierfischfreunde-warendorf.de/