Beschreibung Titelbild: Das im Text beschriebene Tanganjikasee-Aquarium mit den drei Fischarten.
Beispiel eines Gesellschaftsaquariums der anderen Art: Tanganjikasee-Cichliden
Text & Fotos: MARKUS KALUZA
Der Tanganjikasee ist nicht nur der sechstgrößte und zweittiefste See der Welt, er beheimatet auch diverse Fische, von denen zahlreiche auch in der Aquaristik vorhanden sind. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Buntbarsche. Neben Vertretern wie dem Tanganjika-Beulenkopf (Cynotilapia frontosa) sowie Petrochromis- und Tropheus-Arten, die relativ groß werden und/oder in größeren Gruppen gehalten werden, beziehe ich mich in diesem Artikel auf die kleineren Buntbarsche. Auch diese bringen die ein oder andere Besonderheit mit sich und lassen sich – wenn man auf ihre Bedürfnisse eingeht – recht gut vergesellschaften.
In einem Aquarium ab mindestens 200 Litern (ab 100 x 40 cm Grundfläche) kann man recht gut verschiedene Arten zusammen pflegen. Ich will hier ein Beispiel vorstellen: Vergesellschaftet wurde der Heringscichlide, Cyprichromis leptosoma, mit dem schwarzweißen Schlankcichliden, Julidochromis transcriptus, und dem Vielgestreiften Schneckenbuntbarsch, Neolamprologus multifasciatus.
Ein männlicher Heringscichlide aus dem Tanganjikasee: Cyprichromis leptosoma „Uti nta“.
Der männliche Schlankcichlide Julidochromis transcriptus „Pemba“ ist ein Höhlenbrüter.
Alle drei zusammen: Heringscichlide, Schlankcichlide sowie ein Vielgestreifter Schneckenbuntbarsch.
Schwimmraum und Verstecke
Das Aquarium sollte entsprechend der Anforderungen der Fische gestaltet werden. Wo Heringscichliden Freischwimmer sind, sollte dies ebenso eingeplant werden wie Steinaufbauten, die für Verstecke und Höhlen sorgen, sodass sich auch die Schlankcichliden dort wohlfühlen. Die Anforderungen von Schneckenbuntbarschen gibt deren Bezeichnung schon vor: Schneckenhäuser. Während sie im Tanganjikasee die leeren Gehäuse der Gastropoden- Gattung Neothauma beziehen, kann man im Aquarium problemlos die Häuser von Weinbergschnecken benutzen. Alternativ bieten sich auch gesammelte leere Schneckenhäuser an, die von der Größe her passen. Sie sollten aber vorab gründlich durchgespült werden.
Heringscichliden sind Maulbrüter im weiblichen Geschlecht, was bedeutet, dass nach dem Ablaichen das Weibchen die befruchteten Eier in ihr Maul aufnimmt und ausbrütet, bis sie nach etwa drei Wochen fertig entwickelte Jungfische mit rund einem Zentimeter Größe entlässt. Die Jungfische leben oberflächenorientiert, integrieren sich aber sehr bald in den Schwarm der Elterntiere.
Schlankcichliden hingegen sind Höhlenbrüter. Auch wenn sie sich nicht die
ganze Zeit dort aufhalten, bevorzugen sie die Steinaufbauten, in denen sie sich auch vermehren. Hierhin sondert sich das Elternpaar ab, legt die Eier in eine Steinspalte oder in einer Höhle an die Decke und vertreibt so ziemlich alles aus ihrem Brutrevier. Selbst wenn sie sich um die Jungen nach dem Schlupf nicht mehr kümmern, dürfen die sich weiterhin im Revier aufhalten, während erwachsene Tiere aufgrund der innerartlichen Aggressivität verscheucht werden.
Ähnlich ist es bei den Schneckenbuntbarschen. Hier empfiehlt es sich, mit einer Gruppenhaltung zu beginnen. Die Schneckenhäuser auf der freien Sandfläche werden nicht selten von den Buntbarschen durch das Umgraben des Hauses hin und her gedreht und teilweise verschoben. In ihnen werden die Eier abgelegt, befruchtet und von Weibchen und Männchen ebenso wie das gesamte Revier verteidigt.
Die Jungen kann man nach dem Freischwimmen auf hellem Sand um das Schneckenhaus schleichend beobachten. Bei Gefahr verstecken sie sich mit den Adulti im Gehäuse. Semiadult bis ausgewachsen erweitern sie dann die Gruppe – man kann also nie genug leere Schneckenhäuser haben.
Der Vielgestreifte Schneckenbuntbarsch Neolamprologus multifasciatus.
Profil eines männlichen Cyprichromis leptosoma „Utinta“.
Die Goldpunkt Towutischnecke Tylomelania towutensis beim Fressen des Algenrasens .
Ein Teil des Schneckenbuntbarsch-Trupps schwimmt über seinen Schneckenhäusern.
Eher Biotopbecken
Da alle Tiere sich karnivor, also hauptsächlich von tierischer Nahrung ernähren, bietet sich Lebend- und Frostfutter an, besonders passend wären Cyclops, Artemia und Wasserflöhe, sodass für alle Größen der Tiere etwas da ist. Flocken- und feines Granulatfutter werden aber nicht verschmäht und sollten als Ergänzung zugefüttert werden.
Beim Wasser empfiehlt sich eine Temperatur von 24 bis 28 °C, ein leicht alkalischer pH-Wert von 7,5 bis 9,5 sowie eine Gesamthärte von 9° bis 15 °dGH. Weicheres oder saureres Wasser wird von den Tieren verkraftet, dennoch sollte man darauf achten, dagegenzusteuern.
Es handelt sich bei diesem Becken eigentlich nicht um ein herkömmliches Gesellschaftsaquarium, sondern eher um ein Biotopbecken. Nichtdestotrotz hat man hier Fische mit verschiedenen Eigenheiten vergesellschaftet und immer etwas zu beobachten. Wer es noch was grüner mag, kann Anubias nana zwischen die Steine pflanzen oder eventuell eine Vallisnerie (z. B. Vallisneria natans) im hinteren Bereich der Sandfläche oder vor den Filter pflanzen.
Heringscichliden sind Maulbrüter, hier ein Männchen von C. leptosoma „Utinta“.
Kein Überbesatz
Sollte die Beleuchtung für einen störenden Algenbewuchs auf den Steinen sorgen, gibt es zwei Möglichkeiten, dem Herr zu werden: Zum einen kann man Turmdeckelschnecken der Gattung Tylomelania einsetzen. Diese sind relativ langsam in der Algenvernichtung, kommen mit den vorhandenen Wasserwerten aber sehr gut klar und sind je nach Art ein echter Blickfang. Alternativ schafft ein herkömmlicher Antennenwels (Ancistrus sp.) hier aber auch schneller Abhilfe. Aufgrund des anderen Verbreitungsgebietes handelt es sich bei dem Einsetzen dieser Tiere aber nicht mehr um ein reines Biotopaquarium!
Bei den von mir genannten Arten handelt es sich wie erwähnt lediglich um Beispiele und es können andere Arten als die oben genannten Herings- und Schlankcichliden sowie Schneckenbuntbarsche eingesetzt werden. Zu beachten ist, dass man nicht zwei Arten der gleichen Gattung pflegt, um eine Hybridisierung zu vermeiden.
Auch sollte das Aquarium nicht durch die Vermehrung der Tiere in einen Überbesatz steuern. Hier muss man sich gegebenenfalls von Jungtieren trennen. Die Freude, die neuen Jungfische aufzuziehen und das Brut- und Pflegeverhalten der Tiere weiterhin zu beobachten, bleibt somit bestehen.
Männlicher Schlankcichlide Julidochromis transcriptus „Pemba“.
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