Der 150-Goldmark- Kärpfling

Der 150-Goldmark- Kärpfling

Besuch aus den Anfangstagen der Aquaristik: Phalloceros caudimaculatus gehört heute zu den raren Lebendgebärenden

Text & Fotos: LUCA WISIAN


Der erste lebendgebärende tropische Fisch, der in europäischen Aquarien gehalten wurde, war der Kaudi (Phalloceros caudimaculatus). Er kam 1898 erstmals nach Deutschland, wo er anfangs 150 Goldmark kostete. Gleichzusetzen war dieser Preis damals mit 100 Zentnern Steinkohle. Aber die wahre Sensation und das, was ihn damals so besonders machte, war die Tatsache, dass ein Fisch lebende Junge zur Welt bringen kann.
Ab 1906 konnte der Fisch schließlich erfolgreich nachgezogen und anschließend auch von Aquarianern mit kleinerem Geldbeutel erworben werden. Später ist dieser Lebendgebärende über die Jahrzehnte in Vergessenheit geraten, da immer mehr farbenprächtigere Fische und auch Aquarienheizer in den Handel kamen.

Ein Wild-Kaudi ohne Flecken in Uruguay. (Foto: Noelia / CC BY 4.0)

Phalloceros caudimaculatus kommt im untersten Bereich des Rio Uruguay, in den Tramandai- und Rio-Mampituba-Einzugsgebieten und in einigen Küstengewässern von Uruguay und Argentinien vor, wo er verkrautete Gewässer aller Art bewohnt. In Zonen mit besonders starkem Wuchs sind die größten Populationsstärken zu finden. Allerdings kommen sie auch in kleinen Fließgewässern vor wie kleinen Quell- und Waldbächen. Selbst im Brackwasser konnten schon Populationen gefunden werden, allerdings scheint dies nicht das bevorzugte Habitat des Gefleckten Kaudi zu sein.

Ein Weibchen in einem Gesellschaftsbecken.


Viele Namen

Der Kaudi ist mit einer Größe von drei bis vier Zentimetern bei den Männchen und
vier bis fünf Zentimetern bei den Weibchen eine der kleinsten lebendgebärenden Zahnkarpfen. Bekannt ist er gleich unter mehreren Namen wie Scheckenkärpfling oder Einfleckkärpfling aufgrund seiner Jugendfärbung. Außerdem gibt es noch andere Farbvariationen wie den Goldkaudi, auch Goldgambuse genannt.

Ein junges Weibchen des Scheckenkaudis.
Meiner Erfahrung nach sind die Tiere nicht sehr schwimmfreudig, ein Aquarium ab 54 Liter Fassungsvermögen sollte jedoch nicht unterschritten werden. Das Aquarium muss jedenfalls genügend Rückzugsmöglichkeiten in Form von Pflanzen bieten. Denn die Tiere lieben es, im Dickicht zu stehen und brauchen dieses auch, um sich erfolgreich vermehren zu können.
Am besten dafür eignen sich Nixkraut (Najas guadalupensis) als auch diverse Arten der Wasserpest. Die Pflanzen dienen nicht nur als sehr gute Versteckmöglichkeit und sind temperaturtolerant, sondern vermehren sich auch ziemlich zügig. Außerdem können Schwimmpflanzen wie die Muschelblume (Pistia stratiotes; darf laut EU-Verordnung ab 2024 nicht mehr gehandelt werden!), der Froschbiss (Limnobium laevigatum) oder auch die Wasserlinse (Lemna minor) eingebracht werden, diese bieten ihnen einen zusätzlichen Schutz.

Ein schöner Pflanzenbesatz ist die Muschelblume Pistia stratiotes, leider demnächst nicht mehr im Handel zu finden.


Kalte Überwinterung

Gefüttert werden können diese Zahnkarpfen ganz einfach mit Trockenfutter, sie fressen allerdings auch Frost- sowie Lebendfutter. Dafür bieten sich Artemia-Nauplien als auch kleine Mückenlarven an. Meiner Erfahrung nach bevorzugen sie jedoch Artemia und Trockenfutter. Dazu verreibe ich immer ein wenig Flockenfutter, sodass für jede Fischgröße etwas Passendes dabei ist. Die Kaudis sind ziemlich temperaturtolerant, schließlich vertragen sie Temperaturen von ca. 15 bis 23 °C problemlos. Ich halte sie den Winter über bei etwa 17 °C, und selbst bei dieser Temperatur scheinen sie sich noch zu vermehren. Feststellen konnte ich außerdem, dass sich eine kalte Überwinterung der Tiere positiv auf die Vermehrung insgesamt auswirkt.
Andererseits kann dieser Fisch durchaus im Sommer in Miniteiche oder Ähnliches ausquartiert werden. Dafür müssen die Temperaturen über mehrere Tage kontrolliert und der Wetterbericht gecheckt werden, um auch wirklich sichergehen zu können, dass die Tiere nicht durch die Kälte umkommen könnten.
Meiner Erfahrung nach ist es nicht schlimm, wenn die Temperatur kurzfristig auf über 26 °C ansteigt. Wenn die Wassertemperatur im Spätherbst allerdings nicht mehr über 12 °C hinaus geht, sollten die Tiere wieder in ihr Winterquartier umgesetzt werden. Auch für die Draußenhaltung würden sich wieder die oben genannten Pflanzen anbieten, die einfach mit übersiedelt werden können.


Einfache Vermehrung

Das Geschlecht der Tiere ist wie auch bei anderen Lebendgebärenden typisch durch das sogenannte Gonopodium zu unterscheiden, welches die Männchen besitzen. Außerdem werden die Weibchen (wie bereits beschrieben) größer und fülliger. Die Zucht der Gefleckten Kaudis ist aus meiner Sicht nicht allzu schwer, solange ein wenig Algen und genügend Pflanzen im Aquarium sind. Zudem konnte ich feststellen, dass die Vermehrungsrate deutlich zunimmt, wenn man mehrere Tiere zusammenhält.

Ein adultes Weibchen des Gefleckten Kaudi.
Bei Kaudis konnte eine Vorratsbefruchtung von mindestens sechs Monaten festgestellt werden. In dieser Zeit können die Tiere also auch ohne Männchen Junge kriegen, indem sie auf die gespeicherten Spermien eines Männchens zurückgreifen. Dann können sie alle vier bis sechs Wochen 5 bis 50 Junge bekommen, je nach Größe der Weibchen. Meinen Beobachtungen zufolge bleibt es aber meist bei 5 bis 30 Jungen.

Hier umwirbt das kleinere Männchen ein Weibchen.

Dieses Weibchen ist eindeutig trächtig.

Meiner Meinung nach hat der Gefleckte Kaudi viel mehr Aufmerksamkeit verdient, da er schließlich den Anfang der Aquaristik geprägt hat. Er ist ein „lebendes Fossil“ der Aquaristik – ein Fisch, der von Anfang an dabei war und einfach zur Geschichte unseres schönen Hobbys gehört.

Ein Weibchen zusammen mit Jungtieren.