Einzigartige Süßwasserfauna vom Inselparadies

Einzigartige Süßwasserfauna vom Inselparadies

Sulawesi Keepers kümmert sich um Fische und Wirbellose

Text: OLIVER MENGEDOHT
Fotos: WERNER KLOTZ

 

Eigentlich ist Sulawesi weltberühmt für die sensationelle Artenvielfalt in seinem Malili-Seensystem. Kaum eine Insel auf unserem Erdball hält eine größere Anzahl von Süßwasser-Endemiten bereit als diese indonesische Insel. Das Eiland liegt innerhalb der Wallacea, einer Übergangszone der beiden biogeografischen Regionen Asien und Ozeanien – darum findet man dort Spezies aus dem asiatischen Raum wie auch solche, die man sonst nur von Neuguinea oder Australien kennt.
Die Süßwasserfische dieser Insel sind Aquarianern oft nicht geläufig. Am ehesten kennen sie die Reisfische der Gattung Oryzias, die auf Sulawesi ihren Verbreitungsschwerpunkt hat. Oder die Gattung Marosatherina, die nur auf dieser Insel vorkommt. Atemberaubend ist auch die Vielzahl an einzigartigen Garnelen, Schnecken und Süßwasserkrabben, die teils nur einen einzigen See oder Flusslauf besiedeln.

Mahalona-See

Früher boten abwechslungsreiche Strukturen Mikrohabitate für viele Arten in den Sulawesiseen, hier im Mahalona.

 

Keine Garnelen mehr

„Aber wusstet Ihr auch, dass das Aussetzen einer Cichlidenart vor einigen Jahren dazu geführt hat, dass es mittlerweile im Matanosee keine Garnelen mehr gibt?“, schreiben Markéta Rejlková und Hans- Georg Evers, die Gründer von Sulawesi Keepers. Diese Initiative verbindet Aquarianer, Wissenschaftler, Umweltschutzorganisationen und lokale Gemeinschaften in einem Versuch, das Aussterben von Arten zu verhindern.
Derweil wandern die Cichliden unaufhaltsam über die Verbindungsflüsse auch in die anderen großen Seen ein und setzen dort ihr Zerstörungswerk fort. Hinzu kommen menschliche Einflüsse wie Brandrodung, illegales Abholzen, Bergbautätigkeiten und Überfischung, die in zunehmendem Maße dafür sorgen, dass die einzigartige Süßwasserfauna Sulawesis an vielen Orten stark bedroht ist und von der Öffentlichkeit kaum bemerkt langsam, aber stetig ihrer Ausrottung entgegengeht.

Glossogobius flavipinnis

Die kleine, endemische Grundel Glossogobius flavipinnis im Towutisee könnte auch von den Buntbarschen verdrängt werden.

 

Buntbarsche fressen Garnelen

Frank und Carsten Logemann, die 2008 und 2011 die Seen besuchten, erinnern sich: „Nichts übertrifft für uns die erste Unterwasserbegegnung mit den bunten Garnelen vom Matanosee und Towutisee: Fast 30 °C warmes Wasser und direkt unter der Wasseroberfläche die schönsten Garnelen, die sich ein Süßwasser-Aquarianer nie hätte besser wünschen können.“
Leider könne man dies, zumindest im Matanosee, nicht mehr erleben, „denn nach unserer ersten Reise wurden Buntbarsche als Nahrungsfisch für die Bevölkerung eingesetzt, die die Garnelen gefressen haben.“ Schon bei der zweiten Reise hätten sie überall Buntbarsche und nur noch wenige Garnelen gefunden. Von einer späteren Reise habe Biologe Thomas von Rintelen berichtet, dass er im Matanosee an keiner Stelle mehr eine Kardinalsgarnele (Caridina dennerli) gefunden hat.

Kardinalsgarnele

Die Kardinalsgarnele ist im Matanosee schon nicht mehr zu finden – von Buntbarschen aufgefressen!

 

Informieren, spenden und erhalten

„Sicherlich wird eine Initiative von Naturfreunden es nicht schaffen, diese Zerstörung aufzuhalten“, geben Markéta und Hans-Georg zu. „Aber durch die Kooperation von privaten Aquarianern, Zoos und anderen Instituten sowohl in Europa als auch in Indonesien können wir zumindest versuchen, einige dieser Arten durch Nachzucht zu erhalten und auf das Dilemma in Sulawesi aufmerksam zu machen.“ Ähnlich wie bei dem erfolgreichen Projekt zur Erhaltung der mexikanischen Hochlandkärpflinge (Goodeinae) könne es auch bei vielen Sulawesi-Arten klappen, dass bestimmte Spezies durch regelmäßige, koordinierte Nachzucht zumindest im Aquarium erhalten werden.
Unter Sulawesikeepers.org hat sich die Gruppe von Interessierten zusammengefunden, die über die vielen bedrohten Arten informiert und diese einer breiteren Öffentlichkeit vorstellt. Manchmal sei der Aufwand auch gar nicht so groß, einen Halbschnabelhecht durch Nachzucht zu erhalten, gibt Hans-Georg zu bedenken. „Als Hobbyaquarianer hat man manchmal tatsächlich viel eher die Möglichkeit, als es vielleicht ein Zoo hat.“ Sulawesi Keepers unterstützen die Prigen Conservati on Breeding Ark (PCBA), ein 2017 gegründetes Projekt zur Nachzucht von bedrohten Arten in Prigen, Indonesien, mit dem auch etliche deutsche und andere europäische Zoos zusammenarbeiten. Wie könnt Ihr helfen?
Ganz einfach, zuerst bei der Umfrage „Sulawesi Keepers Global Survey“ (www.kurzelinks.de/Sulawesiumfrage) mitmachen, wer Tiere aus den Maliliseen hält. Als erster Schritt will man so herausfinden, welche Arten gehalten werden und ausreichend repräsentiert sind und welche mehr Aufmerksamkeit erfordern. Wer Mühe mit Englisch hat, kann das Projekt auch per E-Mail auf Deutsch kontaktieren: info@sulawesikeepers.org.
Natürlich kann man Geld spenden. Wer ungern Geld ins Ausland überweist, kann dem Projekt auch Futterspenden und andere Produkte senden. Sulawesi Keepers sammelt diese und sendet sie an den Partner PCBA, der in Indonesien eine große Zuchtanlage für endemische Süßwasserarten aufbaut.

 

was geht noch?

Neben Material- oder Geldspenden kann man als Aquarianer, Forscher, Student oder auch Reisender Erfahrungen und Fotos teilen, bei Zuchtanleitungen helfen, sich dem Züchter-Netzwerk anschließen, Zeit für Übersetzungsarbeit oder Freizeit oder einen ganzen Urlaub für Feldarbeit in Indonesien spenden.
Außerdem kann jeder Familie, Freunden und Aquarianern von dem Projekt berichten oder Geschichten aus dem Blog in den Social Media teilen. „Lass die Menschen wissen, dass die Haltung von Tieren direkt zum Artenschutz beitragen kann!“ Auch der Arbeitskreis Wirbellose in Binnengewässern (AKWB) und der Dähne Verlag starten Kooperationen mit Sulawesi Keepers.

 

Infos/Literatur:

www.sulawesikeepers.org

www.facebook.com/SulawesiKeepers

Klotz, Werner (2020): Schatten über einem Paradies – Die beispiellose Artenvielfalt in den Malili-Seen auf Sulawesi nimmt ab. caridina 2020 (1): 14-17.

 

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