Garneleneier zum Schlüpfen bringen

Garneleneier zum Schlüpfen bringen

Beschreibung Titelbild: wenn die Eier noch nicht geschlüpft sind, wie hier bei dieser Caridina striata, kann man sie auch beim Tod des Muttertiers eventuell durchbringen.

Erste Hilfe für ungeborene Shrimp-Babys

Text & Fotos: LOU HERFURTH
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itelbild: WERNER KLOTZ


Wer selektiv züchtet, kennt die Situation: Plötzlich und unerwartet verstirbt das tragende Muttertier und der Traum des nächsten Garnelenchampions schwindet von Minute zu Minute, während sich die ersten Schnecken oder sogar Garnelen über den Kadaver hermachen und ihn verputzen. Doch ist wirklich alle Hoffnung dahin? Mitnichten – ein paar Tricks aus der Züchterkiste und Du kannst meist noch ein paar der ersehnten Jungen durchbringen.
Die Ursachenforschung, warum Deine Traumgarnele verstorben ist, sollte mit auf Deiner Agenda stehen. Vor allem im Sommer kann ein Sauerstoffmangel schuld sein, da sich das Aquarium zu sehr erwärmt hat. In diesem Fall kannst Du einen Wasserwechsel durchführen und einen Aquarien-Cooler installieren – und: tagsüber die Rollläden schließen. Daneben stehen die üblichen Verdächtigen wie Vergiftungen, die vielfältiger Natur sein können. Ein Wassertest kann Dir eventuell darüber Aufschluss geben, aber in einigen Fällen bleibt die Antwort ein Kuriosum. Selbst wenn es nur ein schwacher Trost ist, darf ich Dich an dieser Stelle beruhigen, dass schon einige Garnelenzüchter diese Situation erlebt haben.


Rechtzeitig entdeckt

Nichtsdestotrotz sind Hopfen und Malz noch nicht unbedingt verloren, wenn du das Malheur rechtzeitig entdeckt hast. Verstorbene Garnelen nehmen nach dem Tod eine andere Farbe an, die mit der Zersetzung der Proteinstrukturen in ihrer Pigmentschicht zu tun hat, wodurch das Astaxanthin wieder zum Vorschein kommt. Vor allem in der Nackenregion scheinen sie besonders rot, was häufig ein sicheres Indiz für ihren Tod ist.
Dafür verantwortlich sind unter anderem die Enzyme ihrer Verdauungsorgane. Mit zunehmendem Abstand zum Todeszeitpunkt färben sie sich zudem immer mehr ins Blasse bis Pastellfarbene. Gelbe Garnelen hingegen verfügen über Lutein anstelle von Astaxanthin, weswegen sie ihre Farbe behalten, die aber einen milchigen Touch annimmt. Eine Ausnahme bilden White Pearls und Rilis, die stellenweise über keine Pigmente verfügen. Daher werden sie lediglich weiß oder transparent.
Sofern der Tod deiner Garnele noch nicht allzu weit fortgeschritten ist, hast du gute Chancen, dass die ungeschlüpften Jungen in den Eiern noch leben. Allerdings benötigen sie Sauerstoff, den die Mutter ihnen mithilfe ihrer Schwimmbeine zugefächelt hatte. Dieser Job liegt nun an Dir!

Ganz wichtig ist nun die gute Versorung der ungeschlüpften Garnelenbabys mit Sauerstoff.

So sehen Deine geretteten Eier aus; füge rasch Huminstoffe und Sauerstoff hinzu.

Du kannst dafür unterschiedliche Varianten nutzen. Die einfachste ist sicher ein Inkubator, den Du in gängigen Garnelenshops kaufen kannst. Dieser wird im Aquarium platziert, sodass die Babys in ihrem gewohnten Wasser verbleiben. Daran montierst Du einen Luftschlauch und eine Membranpumpe und sorgst dafür, dass die Garneleneier in Bewegung bleiben und dementsprechend mit Sauerstoff versorgt werden.

Auch im Inkubator „fliegen“ Deine Garneleneier munter vor sich her, ehe aus ihnen Junge schlüpfen.

Alternativ kannst Du auch einen Becher mit Aquarienwasser verwenden und in diesen einen feinen Zerstäuber mit Luftschlauch hängen. Erfahrungsgemäß hilft Dir aber auch im Worst Case ein Nylonstrumpf, den Du vor den Filterauslass packst.
In jedem Fall ist es empfehlenswert, Huminpräparate zu verwenden. Ob Du nun auf flüssige Produkte oder braunes Herbstlaub setzt, spielt eigentlich keine Rolle, denn unterm Strich geht es darum, eine Verpilzung der Eier zu verhindern.


So gehst du vor

Lege dir ein paar Utensilien parat, denn nun ist Handarbeit gefragt. Du kannst Deine verstorbene Garnelen-Mama derweil in einen Becher mit Aquarienwasser und einer Belüftung packen, bis Du alles vorbereitet hast. Hilfreich sind Pinzette, Skalpell und ein nasses Brettchen ohne Rand.

Mit einer Pinzette und einem Skalpell kommst Du am einfachsten an das wertvolle Gut.

Nun lege die Garnele vor Dich auf das Brettchen und streiche sehr vorsichtig mit dem Skalpell die Eier von oben nach unten heraus. Da jedes einzelne Ei mit einer Art klebrigem Sekret an seinem Elterntier befestigt ist, solltest Du behutsam vorgehen, damit die Eier nicht zerreißen. Alternativ kannst Du auch eine sehr feine Pinzette verwenden.

So sehen die entfernten Eier anschließend aus, die Du rasch in deinen Brüter packen solltest.

Anschließend gibst Du die Eier zügig in Deinen vorbereiteten Brüter – ob Inkubator, Becher oder Nylonstrumpf – und versorgst ihn entsprechend. Im Becher könnte es sinnvoll sein, ein flüssiges Huminliquid zu benutzen, damit Dir ein Blatt nicht die Sicht versperrt, und weil es wesentlich schneller im Wasser gelöst ist.

Gib entfernte Eier schnell in einen Becher mit Belüftung.
Kontrolliere täglich, ob Jungtiere geschlüpft sind! Diese kannst Du, sobald sie erkennbar größer geworden sind, ins Aquarium entlassen, sofern Du keine Räuber im Becken hast. Mit feinem Staubfutter kannst Du sie dann großziehen. Alternativ biete ihnen einen Netzaufzuchtkasten für Guppys an, der weiterhin durchströmt ist und Moos beinhaltet, damit sich die Jungen gefahrlos zurückziehen können.
Eine Garantie, dass Deine Brutmethode erfolgreich ist, hast Du nicht. Das hängt unter anderem auch mit dem Stadium der Eier zusammen. Je frischer sie sind, umso weniger Nachwuchs wird voraussichtlich schlüpfen. Nichtsdestotrotz solltest Du nichts unversucht lassen, denn Glück kann man erfahrungsgemäß auch mal unverhofft haben.

Im Idealfall gelangen einige Eier zum Schlupf und entwickeln sich zu prächtigen Garnelen. (Foto: Sascha Gerber)