Manche laichen gar nicht ab ohne die Wasserbewegung
Text & Fotos: HEIKO BLESSIN
Wer im Meer schon einmal tauchen oder schnorcheln war, hat vermutlich auch Strömungen kennengelernt: Entweder sanft, so dass man sich den Flossenschlag sparen kann oder auch so heftig, dass jegliche Kraftanstrengung, aus der Strömung herauszukommen, irgendwann aus Konditionsgründen aufgegeben wurde und man sich dem Schicksal ergeben hat. Aber sogar wirklich gefährliche Abwärtsströmungen spucken einen irgendwann wieder aus – man muss tatsächlich nur cool bleiben und genug Luft haben!
Im Süßwasser, und um das geht es ja hier, gibt es ebenfalls alle Varianten: Gar keine Strömung wie in einem See, ganz leichte Strömungen – meistens im Tiefland und größeren Flüssen – oder auch kräftige Strömungen, meistens in Gebirgsregionen. Aber in genau diese sehr stark fließenden Gewässer wagt sich kaum jemand hinein.
Wer aber den Lebensraum von Fischarten genau untersuchen möchte, sollte auch dort einmal einen Blick unter die Wasseroberfläche wagen. Und er wird überrascht sein! Im Gegensatz zum oft birnenförmigen Körper der Menschen sind strömungsliebende Fische extrem angepasst. Sie stehen entweder mit wenig Energieaufwand in der Strömung oder halten sich mit Saugorganen bzw. zu Haftorganen umgestalteten Flossen (z. B. Grundeln) am rutschigen Untergrund fest.
In Hon Ba, Vietnam, sieht man ein typisches Grundelbiotop mit mäßiger Strömung, im Hintergrund kleine Stromschnellen mit starker Strömung.
In Vietnam hatten wir auf einer JBL-Expedition einen Barbenspezialisten dabei, der in einem klaren Bachlauf beobachtete, wie Barben und Bärblinge aktiv strömungsreiche Abschnitte aufsuchten und dort nach vorbeischwimmendem Plankton schnappten. Nach seiner Rückkehr setzte er bei einigen Arten in seinen Aquarien, die sich bisher nicht vermehren ließen, Strömungspumpen ein – so wie Meerwasseraquarianer es auch machen. Innerhalb von zwei Wochen laichten die Tiere ab!
Nachdem ich viele verschieden starke Strömungen im Süßwasser erlebt hatte, stellt sich natürlich die Frage: Was ist eine starke, mittlere oder geringe Strömung? Kann man Strömung messen und im Aquarium überprüfen, wie viel Strömung dort vorhanden ist? Ja, man kann!
Ich kaufte für unsere nächste Expedition ein Messgerät von der Firma Windaus, dessen Propeller die Anzahl seiner Umdrehungen an ein Display weitergibt. Die Anzahl der Umdrehungen in einer Minute konnten dann über eine beiliegende Tabelle in Strömungsgeschwindigkeit umgerechnet werden. Die Strömungen in den besuchten Flüssen und Bächen lag zwischen 1,4 und 11 km/h.
Mit dem Windaus-Messgerät konnten wir Strömungsgeschwindigkeiten dokumentieren, hier bei den Ba-Ho-Wasserfällen nahe Nha Trang, Vietnam.
Okay, aber wie viel Strömung haben wir denn im Aquarium? In unserer Forschungsabteilung bauten wir ein Aquarium auf, in dem wir verschiedenste Technik ausprobierten: Außenfilter, Innenfilter, Tauchpumpen, mit und ohne Düsenstrahlrohr usw. Die Ergebnisse waren wirklich überraschend: Ein Innenfilter, der eine Pumpenleistung von 800 l/h besaß, erzeugte in 10 cm Entfernung vor seinem Auslass eine Strömungsgeschwindigkeit von 1,4 km/h. In 30 cm Entfernung sank diese auf 1,3 km/h. Ein aufgesetztes Breitstrahlrohr verringerte die Strömung etwas und ein Düsenstrahlrohr eliminierte jegliche Strömung auf Null – sehr ernüchternd!
Nun musste eine große Tauchpumpe ran, die immerhin mit 2.000 l/h angegeben war. In 10 und 30 cm Entfernung brachte sie es immerhin auf 2,16 km/h. In 80 cm Entfernung war keine Strömung mehr messbar. Eine mitgebrachte Schwimmbadpumpe erzeugte nicht nur einen nassen Raum, sondern auch Fische, die an der Scheibe klebten (nein, nur Spaß). Strömungspumpen sind somit im Gegensatz zu Filtern die einzige wirkliche Möglichkeit, Strömung gezielt im Aquarium zu erzeugen!
So kann ein Regenbogenfisch-Aquarium aussehen: Eine Strömungspumpe dazu und es ist perfekt!
Das Thema Strömung ist wirklich spannend und gar nicht so unkompliziert! In einer Folge von „JBL TV“ zeige und erkläre ich das Thema Strömung:
https://kurzelinks.de/jblpumpe