Heikos Wasserchemie

Heikos Wasserchemie

Dieses Schwarzwasser des Rio Negro weist nur einen pH von 4,0 auf.

Text & Fotos: HEIKOS BLESSIN


Teil 1: Wie wichtig ist der pH-Wert?

Wenn jemand zum Arzt geht, hat er oft einen schmerzhaft en Grund und macht es nicht aus Vergnügen. Der Arzt wiederum muss mehr, als einem nur in die Augen schauen. Erst eine Blutuntersuchung oder ein Röntgenbild hilft ihm, eine sichere Diagnose zu stellen. Genauso verhält es sich mit dem Testen unseres Aquarienwassers. Wenn alles in Ordnung ist, sehen wir natürlich keinen Grund, das Wasser zu testen. Wie bei einer Vorsorgeuntersuchung könnten wir aber trotzdem wichtige Werte von Zeit zu Zeit einmal überprüfen. Aber spätestens wenn es Probleme gibt, kommen wir an Wassertests wirklich nicht mehr vorbei.

Rote Neon bei einem pH-Wert von 5 im Fluss in Kolumbien.


potentia Hydrogenii

Der pH-Wert sagt etwas über den Säuregehalt des Wassers aus: Je saurer das Wasser, desto niedriger der pH-Wert. Der Name stammt aus dem Lateinischen: potentia Hydrogenii = die Kraft des Wasserstoffs (chemisch H). Darum wird er auch mit kleinem p und großem H abgekürzt. Aber warum ist er für unsere Aquarienbewohner wichtig?
Fische und viele Wirbellose haben sich im Laufe der Evolution über Jahrmillionen an bestimmte Gegebenheiten ihres Lebensraumes angepasst. Ihr Stoffwechsel und ihre ganze Physiologie haben sich auch an einen pH-Wert gewöhnt. Einige Arten brauchen daher einen pH-Wert im Aquarium, wie sie es aus den natürlichen Gewässern kennen, andere Arten sind da nicht so wählerisch.
Wer etwas anspruchsvollere Fischarten züchten möchte, muss tatsächlich den pH-Wert, die Wasserhärte und die Temperatur des natürlichen Biotops im Aquarium kopieren. Wer Fische „nur“ pflegen möchte, sollte den pH-Wert nur zwischen 6,5 und 7,5 einpendeln. Nur Fische aus dem Malawi- und Tanganjikasee bevorzugen pH-Werte um 8.

Den pH-Wert kann man in nur drei Minuten prüfen.

Ein Stäbchentest reicht für diesen Messwert völlig aus.

HIER gehts zum Erklärvideo


Keine starken Schwankungen

In den meisten Aquarien stellt sich der pH-Wert automatisch um 7,5 ein. Hier hilft uns ein Wassertest, den pH-Wert in nur wenigen Minuten zu überprüfen. Wer keine Lust auf das regelmäßige Testen hat, kann zum CO2/pH-Dauertest greifen, dessen Flüssigkeit uns in einer Glocke im Aquarium dauerhaft anzeigt, wo sich der pH-Wert (und der CO2-Gehalt) befinden.
Allerdings reagieren alle diese Dauertests recht träge und würden eine erhöhte CO2-Zufuhr erst nach einigen Stunden anzeigen! Auf die Zugabe von Säure (z.B. pH-Minus) reagieren diese Tests überhaupt nicht, da sich eine Luftglocke zwischen dem Aquarienwasser und dem Farbindikator im Testgerät befindet. Also Vorsicht!
Für etwa 95 % unserer Aquarienbewohner ist es viel wichtiger, dass der pH-Wert nicht stark schwankt, anstatt ihn mittels CO2, pH-Minus oder Torf auf einen genauen Wert hinzufummeln. Im Verlaufe des Tages steigt der pH-Wert und nachts sinkt er wieder. Diese Schwankungen verlaufen umso stärker, je weniger der pH-Wert stabilisiert wurde.

Permanente Messung von CO2- und pH.


1.000-mal höher

Diese pH-Wert-Stabilisierung wird von der Karbonathärte im Wasser bewirkt. Bei Karbonathärten unter 4 kann der pH-Wert sehr stark schwanken. Je höher die KH, desto stabiler ist der pH-Wert. Wenn wir früh morgens (bevor das Licht im Aquarium angeht) und abends (wenn das Licht gerade ausgegangen ist) den pH-Wert messen, haben wir die genaue Information, wie stark der pH-Wert im Verlauf des Tages schwankt. Da der pH-Wert ein logarithmischer Wert ist, bedeutet die Verringerung des pH-Wertes um 2 (z.B. von 8 auf 6) eine Verhundertfachung (!) des Säuregehaltes. Würde der pH-Wert noch weiter auf 5 sinken, wäre der Säuregehalt sogar 1.000-mal höher als bei pH 8. Daher sollten pH-Schwankungen so gering wie möglich ausfallen!
Wir sehen also, dass es grundsätzlich sehr sinnvoll ist, sich ein wenig mit dem pH-Wert zu beschäftigen, und vor allem, die täglichen Schwankungen zu ermitteln. Aber nur der Fisch-Profizüchter muss gegebenenfalls einen pH-Wert von 6,25 exakt einstellen. Das brauchen wir zum Glück nicht…