Lebermoos im Rampenlicht

Lebermoos im Rampenlicht

Die natürliche Wirkung von Stängelpflanzengruppen – unter Wasser kultivierte Riccia wirkt fantastisch

Text & Fotos von Takashi Amano


Für ein Layout im Naturaquarium nutzen wir unterschiedliche Arten von Wasserpflanzen. Beim Gestalten legen wir besonders großen Wert auf die Ansprüche jedes einzelnen Pflanzentyps. Die Aquarienpflanzen für unsere Layouts stammen aus ganz unterschiedlichen Weltgegenden und werden häufig in Wasserpflanzengärtnereien produziert.
Je nach Pflanzenart kommen sie ursprünglich aus ganz verschiedenen Biotopen. Selbst innerhalb einer Pflanzengattung kann sich der Aufbau der spezifischen Pflanzenarten deshalb unterscheiden. Beim Naturaquarium ist uns wichtig, eine möglichst natürliche Anmutung zu erreichen, daher kultivieren wir die Wasserpflanzen möglichst so, wie es ihrer Natur entspricht.
Das können wir nur, wenn wir verstehen, wie die Pflanzen im Biotop wachsen. Pflanzen im Aquarium können ohne dieses Verständnis für ihre Bedürfnisse nicht gesund und attraktiv wachsen. Zum Beispiel würde eine westafrikanische Pflanze aus der Gattung Bolbitis oder Anubias nicht gut gedeihen, wenn man sie direkt in den Bodengrund einpflanzt. Werden ihre Wurzel stöcke mit Substrat bedeckt, können sie zu faulen beginnen.
Früher wusste man nicht, wie man diese Art von Pflanzen richtig kultiviert – in der Natur wachsen sie aufsitzend. Im Naturaquarium verwenden wir sie auch genau so: Sie werden auf Steine oder Wurzeln aufgebunden. Als ich diese Pflanzen bei meinen Expeditionen in Westafrika in ihren natürlichen Lebensräumen fand, wuchsen sie ausnahmslos auf Steinen und Treibholz.

Die Sansui-Steine wurden sicher miteinander verkeilt, damit der Aqua Soil Amazonia dort bleibt, wo er hingehört.

Dass das Schwimmende Teichlebermoos Riccia auch unter Wasser wachsen kann, weil seine Triebe sich in anderen Wasserpflanzen und im Treibholz verhakt hatten, sah ich beim Tauchen. So kam ich auf die Methode, Riccia mit Nylonfaden auf einen flachen Stein aufzubinden, um diese Wuchsform im Layout zu verwenden. So wurden die Riccia Stones und die Riccia Line zur Befestigung ins Leben gerufen.
Unter Wasser kultivierte Riccia wirkt fantastisch – dank der Bildsynthesetätigkeit des Lebermooses sitzen viele glitzernde Sauerstoffblasen an den Spitzen der hellgrünen Blättchen. Dadurch steht Riccia bald im Rampenlicht. Auch das Aufbinden von Quellmoos auf Wurzeln oder Steine mit dem Baumwollfaden Moss Cotton ist mittlerweile im Aquascaping gang und gäbe.

Wie ein Blumenbeet

Auch bei den schon seit vielen Jahren in der Aquaristik verwendeten Stängelpflanzen gibt es verschiedene Typen. Früher hielt man sie häufig sehr kurz und pflanzte immer nur die Triebspitzen neu – wie ein Blumenbeet. Teils lag das an den doch recht schwachbrüstigen Aquarienbeleuchtungen von damals. Auch waren das Wissen und die technischen Voraussetzungen für die erfolgreiche Kultivierung von Wasser pflanzen noch nicht in dem Maße wie heute vorhanden.
Eine CO2-Düngung gab es nicht und bei der Nährstoffversorgung durch Aquariendünger lag auch vieles im Argen. Mit der heutigen Aquarientechnik können wir wunderbare Wachstumsbedingungen für die Aquarienpflanzen schaffen und sie in ihrer natürlichen Form kultivieren.
Stängelpflanzen in Bächen und Seen wachsen tendenziell in großen Gruppen. Mit der Zeit verzweigen sie sich und wer den immer dichter. Teils wachsen unterschiedliche Stängelpflanzenarten an ein und demselben Standort, wie ein Mosaik. Ich möchte die natürliche Schönheit dieser Pflanzen in meine Aquascapes transportieren; dazu habe ich Methoden zur Pflanzung und zum Rückschnitt entwickelt.

Um die Sansui-Steine herum pflanzte ich vorwiegend Glossostigma und den etwas höheren Grasblättrigen Wasserschlauch, um etwas Variation ins Layout zu bringen.

Um sie einzupflanzen, schneide ich sie in handliche Stücke von 15 bis 20 cm, je nach Pflanzenart, und setze die Stängel mithilfe einer Aquarien-Pflanzpinzette dicht an dicht. Wie dicht, hängt von der Pflanzenart ab. Bei feinblättrigen Pflanzen wirken die Gruppen schöner, wenn die Stängel dichter beieinander stehen.
Breitblättrige Arten dagegen sollten etwas weiter auseinander stehen. Stängelpflanzen wachsen tendenziell eher straff aufrecht, wenn man sie dicht setzt. Schneidet man nach einer bestimmten Länge ihre Endknospen ab, entwickeln sich Seitensprosse – der einzelne Stängel teilt sich in mehrere Triebe.
Schneidet man diese Seitentriebe ein kleines Stück oberhalb der ersten Schnittstelle nochmals zurück, verzweigt sich die Pflanze weiter und man erhält so schnell eine sehr dichte Gruppe. So wachsen die Stängelpflanzen auch in der Natur und daher lässt sich mit dieser Methode schnell eine sehr natürliche Wirkung erzielen.

Wasserpflanzen:
Rotala sp. (Ceylon)
Rotala rotundifolia
Micranthemum umbrosum
Hygrophila pinnatifida
Bolbitis heudelotii
Leptochilus pteropus (Trident)
Anubias barteri var. nana
„Yellow Heart“
Anubias barteri var. nana „Petite“
Fontinalis antipyretica
Glossostigma elatinoides
Riccia fluitans
Utricularia graminifolia
Eleocharis acicularis

Besatz:
Hyphessobrycon rosaceus
Hyphessobrycon haraldschultzi
Moenkhausia pittieri
Hyphessobrycon herbertaxelrodi
Nematobrycon lacortei
Crossocheilus oblongus
Otocinclus sp.
Caridina multidentata

Licht und Dünger

Stängelpflanzen mögen es hell. In der Natur wachsen sie häufig in flacheren Gewässerabschnitten nahe dem Ufer. Ist das Licht nicht stark genug, vergeilen die Pflanzen, das heißt die Abstände zwischen den Blattansätzen verlängern sich sehr stark, weil die Pflanze zum Licht hin strebt. So ergibt sich aber keine kompakte Pflanzengruppe! Daher brauchen Stängelpflanzen im Aquarium
eine möglichst helle Beleuchtung.
Eine zusätzliche Düngung mit CO2 und Flüssigdünger fördert einen gesunden Wuchs. Ist das Aquarium lang und tief, kann das Substrat an den Stellen, an denen die Stängelpflanzen sitzen sollen, hoch aufgeschüttet werden – wie hier in unserem Beispielaquarium.
In diesem Layout verwendete ich Sansui-Steine als Rahmen und häufte darin Aqua Soil Amazonia für die Stängelpflanzen auf. So sitzen die Stängelpflanzen höher – und damit näher am Licht – als der Rest. So ergibt sich ein wundervolles Pflanzendickicht als Hingucker im Aquascape.
Schnellwachsende Stängelpflanzen betreiben intensiv Fotosynthese und produzieren dadurch sehr viel Sauerstoff. Ihr rapides Wachstum entzieht dem Wasser zudem Schadstoffe. Die Stängelpflanzenbüsche lassen sich über lange Zeit attraktiv halten, indem man sie recht früh zurückschneidet. So bleibt das Aquascape dauerhaft attraktiv.

Direkt nach der Bepflanzung: Der Grasblättrige Wasserschlauch schafft feine wellige Konturen und unterstreicht die natürliche Wirkung der verwendeten Glossostigma und Micranthemum umbrosum „Monte Carlo“.