Unterschiedliche Fortpflanzungstypen bei Garnelen
Text: ULLI BAUER | Fotos: CHRIS LUKHAUP
Bei den Zwerggarnelen in der Aquaristik unterscheiden wir drei unterschiedliche Fortpflanzungsstrategien. Das Ziel ist in der Natur immer mindestens der Populationserhalt, und günstigerweise eine Vergrößerung der Population. Auf welchen Wegen Garnelen dieses Ziel erreichen, ist ziemlich spannend, unterschiedliche Arten verfolgen hier nämlich verschiedene Ansätze.
Primitiver Fortpflanzungstyp
Hier gilt ganz klar: „Masse vor Klasse“. Die Garnelenweibchen des primitiven Fortpflanzungstypus (auf Englisch: prolonged type, also verlängerter Typus) heften Hunderte bis Tausende sehr kleiner Eier an ihren Schwimmbeinen fest, in denen sich Larven entwickeln. Sie können nach dem Schlupf einige wenige Tage im Süßwasser überleben, ihre weitere Entwicklung hängt jedoch davon ab, dass sie von der Strömung des Baches oder Flusses ins Meer getrieben werden.
Im Brack- bis Salzwasser wachsen die Garnelenlarven über unterschiedliche Zoea-Stadien heran und wandern nach der letzten Larvenhäutung und der Metamorphose zur Junggarnele dann ins Süßwasser zurück – jedoch nicht notwendigerweise in den Bach oder Fluss, aus dem sie ursprünglich kamen. Diese kleinen Scherenträger haben deshalb in der Natur häufig eine sehr weite Verbreitung.
Im Aquarium ist die Vermehrung möglich, aber sehr schwierig. Die Larven müssen in ein separates Aquarium überführt werden, in dem dann auf Brack- bis Salzwasser aufgesalzen wird.
Zu diesen Krebstieren gehören die Amanogarnele (Caridina multidentata), neben anderen Fächergarnelen auch die Molukken-Fächergarnele (Atyopsis moluccensis) und die Monsterfächergarnele (Atya gabonensis), verschiedene Großarmgarnelen und auch eher seltener gehaltene Zwerggarnelen wie beispielsweise die Ninjagarnele.
Eine tragende Amanogarnele des primitiven Fortpflanzungstyps mit vielen Eiern, hier ein ganz frischer Ansatz.
Spezialisierter Fortpflanzungstyp
Hier wird das umgekehrte Motto „Klasse statt Masse“ gepflegt. Der Nachwuchs dieser Garnelen durchläuft bereits im Ei sämtliche Larvenstadien, sodass am Ende der Tragezeit fertige Junggarnelen schlüpfen, die ihren Elterntieren fast wie ein Ei dem anderen gleichen.
Auf Englisch heißt dieser Typus „abbreviated type“, was sich als abgekürzter Typus übersetzen lässt. Nach einer oder zwei Häutungen gibt es bis auf die Größe und eventuell die Ausfärbung keine von außen deutlich sichtbaren Unterschiede mehr.
Die weit entwickelten Jungtiere haben eine deutlich höhere Überlebenschance als die Larven des primitiven Fortpflanzungstypus. Die Eizahlen bei den Weibchen des spezialisierten Typs liegen meist im unteren zweistelligen Bereich. Die Jungtiere sind im Süßwasser lebensfähig und müssen ihren Standort daher nicht wechseln.
Viele Arten des spezialisierten Typus haben nur ein sehr kleines Verbreitungsgebiet. Zu den in der Aquaristik bekanntesten Zwerggarnelen mit dieser Fortpflanzungsweise gehören die Arten aus der Gruppe um Caridina serrata, also zum Beispiel die Bienengarnele, die verschiedenen Tigergarnelen und daneben noch sämtliche Neocaridina-Arten und -Varianten, die Sulawesi-Garnelen aus den alten Seen und teils auch aus den Flüssen und einige mehr.
Große, wenige Eier an den Schwimmbeinen einer Red Bee des spezialisierten Fortpflanzungstyps.
Teilweise spezialisierter Fortpflanzungstyp
Die Vertreter dieser Vermehrungsart tragen zwar kleinere Eier als die des spezialisierten Typs, jedoch weniger als die des primitiven Typs. Aus ihnen schlüpfen Larven, die weiterentwickelt sind und nur wenige Häutungen bis zur Junggarnele brauchen. Sie können im Süßwasser überleben.
Dem auf Englisch „partially abbreviated type“ genannten teilweise spezialisierten Typus gehören nur wenige Ziergarnelen vorwiegend aus dem Formenkreis um Caridina babaulti an. Dazu gehören etwa die Grüne Zwerggarnele, Caridina cf. babaulti „Stripes“ oder die Malaya-Garnele.
Typisch für den teilweise spezialisierten Typus sind die kleineren Eier bei dieser Malaya-Garnele (Caridina cf. babaulti „Malaya“).
Garnelen-Fibel
Garnelen im Aquarium
Faszination Süßwassergarnelen
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