Sind Rennschnecken wirklich Algenfresser?

Sind Rennschnecken wirklich Algenfresser?

Die Neritiden – mehr als nur ein Putztrupp

Text: ULLI BAUER
Fotos: CHRIS LUKHAUP


Die meisten Rennschnecken aus der Familie der Nixenschnecken (Neritidae) leben in ihrer Heimat in Südostasien in Flüssen und meeresnahen Bächen, überwiegend im Süßwasser, teils auch in den Brackwasserzonen der Flussmündungen. Sie sind sehr anpassungsfähig und vertragen weiches bis sehr hartes Wasser. Die Wassertemperatur sollte über 20 °C liegen.


Rennschnecken als Algenfresser?

Auch wenn sie häufig als solche angeboten werden, sind Rennschnecken pauschal keine Algenfresser, sondern spezialisierte Aufwuchsfresser oder Limnivoren. Zähe Fadenalgen oder Pinselalgen werden konsequent verschmäht, dagegen stehen alle Arten von Algen- und Biofilmen hoch im Kurs. Höhere Algen werden als Teil des Aufwuchses nur gefressen, wenn sie noch ganz jung und weich sind.

Besonders schön: Vittina waigiensis mit Vorkommen auf den Philippinen und in Indonesien.

Neritiden sollten daher niemals in frisch eingerichtete Aquarien kommen – Aufwuchs braucht Zeit, um sich zu entwickeln. Manche Autoren gehen von bis zu einem halben Jahr Wartezeit aus, andere von mindestens acht bis zwölf Wochen. Einmal erfolgreich eingewöhnt, zeigen sich Rennschnecken als robust und langlebig. Sie können im Aquarium acht Jahre und älter werden.


Die richtige Aquariengröße

Eine kleine Gruppe braucht mindestens ein Aquarium von 54 Litern oder 60 cm Kantenlänge mit ausreichend Flächen zum Abweiden. Eine abwechslungsreiche Einrichtung mit Holz und Steinen kommt ihren Fressgewohnheiten entgegen. An gesunde Pflanzen gehen sie nicht.

Neritodryas sp. sitzt gerne über Wasser – eine tolle Schnecke für ausbruchssichere Aquaterrarien.


Wie bleibt die Schnecke im Aquarium?
Manche Rennschneckenarten verlassen das Wasser regelmäßig und sitzen gern auf Mangrovenstämmen oder Pflanzenstängeln über der Wasseroberfläche. Die meisten in der Aquaristik verbreiteten Rennschnecken leben allerdings fast ausschließlich aquatil. Wer sichergehen will, dass die Schnecken im Aquarium bleiben, arbeitet am besten mit einer Abdeckung oder trägt eine sogenannte „Schneckenschranke“ als nahezu unsichtbaren Film auf die Aquarienkante auf.

Neritina pulligera gilt als einer der effizientesten Vernichter von Algenbelägen in der Aquaristik. (Foto: Roland Emmenlauer)


Die Vermehrung von Rennschnecken

Die zweigeschlechtlichen Rennschnecken vermehren sich im Aquarium nicht. Die befruchteten Weibchen legen dennoch fleißig beige bis schmutzig weiße ovale Eikokons auf Hartsubstrat ab, aus denen ungefähr 0,1 mm lange, frei im Wasser schwebende Veliger-Larven schlüpfen. In der Natur treiben sie ins Meer, wo sie sich zur Schnecke entwickeln und im Anschluss wieder in die Flüsse zurückwandern. Im Aquarium sterben sie ab.

Die Kokons verschwinden nach und nach von selbst bzw. werden von den Rennschnecken gefressen. (Foto: Roland Emmenlauer)


Bekommt die Rennschnecke genügend Futter?

Bei einer gut genährten Rennschnecke ist der Fuß in etwa so groß wie die Gehäuseöffnung und hat einen glatten Rand. Fällt eine gut genährte Rennschnecke auf ihr Gehäuse, kann sie sich umdrehen – langsam und mühsam, aber sie schafft es. Unterernährte Rennschnecken dagegen haben einen auffallend kleinen Fuß, oft mit welligem Rand, und können sich nicht allein umdrehen, wenn sie auf dem Gehäuse landen. Diese Tiere brauchen dringend Hilfe.

Vermeintlicher Rennschneckennachwuchs entpuppt sich oft als Zerbrechliche Mützenschnecke Ferrissia fragilis. (Foto: Neli Martin)


Rennschnecken im Aquarium richtig füttern

Rennschnecken im Handel sind oft vom Transport geschwächt. Sie gehen in der ersten Zeit nur schlecht an handelsübliches Futter oder Gemüse. Ein Aquarium mit grünen Scheiben ist genau richtig!

Mit Futterpasten („Pudding“) oder mit in wenig Wasser angerührtem Spirulinapulver lässt sich auf glatten Steinen ein Fressrasen schaffen. Auch Algensteine sind sinnvoll, um magere Rennschnecken zu päppeln.

Algensteine sind einfach herzustellen: Aquarienwasser, ein Spritzer Blumendünger und ab in die Sonne damit! (Foto: Roland Emmenlauer)

Auf braunem Herbstlaub bildet sich im Aquarium schnell der nötige Aufwuchs. Viele Rennschnecken nehmen zudem grün getrocknetes Walnusslaub oder dünne Scheiben vom Hokkaidokürbis. Mit der Zeit gewöhnen sie sich an Futtertabletten und Granulatfutter.