So kann Aquaristik nachhaltiger sein

So kann Aquaristik nachhaltiger sein

Text: HORST RÖTTGER
Fotos: OLIVER MENGEDOHT


Niedrige Temperaturen und Beleuchtungspausen sind nicht nur für die Energiebilanz gut

Allein in Deutschland stehen weit über eine Million Aquarien. Es könnten enorme Energiemengen eingespart werden, wenn sie nachhaltig betrieben würden. So könnten auch wir Aquarianer viel für die Nachhaltigkeit unserer Welt tun.
Als Erstes ist zu sagen, dass offene Aquarien nie nachhaltig sind. Durch die Verdunstung entsteht Kälte, die der Heizer ausgleichen muss. Außerdem sind manche Fische springfreudig und enden qualvoll außerhalb des Aquariums. Bei Neukauf oder Neueinrichtung sollte man gleich eine Iso- oder Styroporplatte unterlegen. Auch Seitenwände oder Rückwand kann man so vor Wärmeverlust schützen.
Eine Bodenheizung ist durchaus zu empfehlen, die ständige Wasserzirkulation durch den Boden macht diesen zu einem Filter, der sogar effektiver ist als manch anderer. Das lästige Mulmabsaugen wird dadurch seltener nötig und die Nährstoffaufnahme der Pflanzen über die Wurzeln verbessert.

Offenes Aquarium

Allzu nachhaltig sind offene Aquarien eigentlich nie.

Am besten bringt man gleich eine Isomatte unter dem Aquarium an.

Eine Bodenheizung ist auf jeden Fall empfehlenswert.


Viel zu hoch

Die empfohlene Temperatur für viele Fische ist oft viel zu hoch angesetzt. Die Temperaturangaben der Fänger sind kein Jahresmittel, sondern herrschen meist nur während des Fangens in der Trockenzeit.Niedrigere Temperaturen sind kein Problem für die meisten Zierfische. Auch viele Laichakte unserer Fische werden durch die Temperaturabsenkung in der Regenzeit ausgelöst. Deshalb erfolgt der Wasserwechsel bei uns grundsätzlich mit kälterem Wasser.
In unserem Zierfischgroßhandel mit über 1.000 Aquarien war vor einiger Zeit
durch eine Heizungsreparatur, die einige Monate andauerte, nur eine Wassertemperatur von etwa 21 °C zu erreichen. Selbst Diskus, die oft unnötigerweise bei 30 °C gehalten werden, überstanden diese Zeit schadlos. Unsere Pflegeaquarien werden auch nur bei 23-24 °C betrieben und laufen schadlos – manche schon über 20 Jahre. Es ist sowieso nicht zu verhindern, dass die Wassertemperatur im Sommer steigt. Außerdem haben wir festgestellt, dass viele Fischkrankheiten sich bei hohen Temperaturen schneller ausbreiten, da sich auch die schädlichen Lebewesen wie Bakterien und Pilze ab 24 °C explosiv vermehren.
Der einzige Grund, Fische bei mehr als 26 °C zu halten, ist, dass die Vermehrungsrate vieler Lebewesen bei höheren Temperaturen steigt. Im Normalfall ist das nicht nötig. Bei unbemerktem Ausfall der Heizung in unseren Pflegeaquarien über Wochen ist auch kein Fisch gestorben.

Bunter Prachtkärpfling

Nicht alle Fische benötigen ständig 25 Grad oder mehr, im Bild der Bunte Prachtkärpfling Aphyosemion australe.


Zweistündige Mittagspause

Unsere Sonne geht langsam auf und auch wieder unter. Es ist also Unsinn, die Aquarien den ganzen Tag voll zu beleuchten. Hier kann wohl die meiste Energie eingespart werden. Sehr oft werden Aquarien zehn bis zwölf Stunden am Tag oder sogar länger voll beleuchtet. Dabei sind 8,5 Stunden vollkommen ausreichend.
Diese Beleuchtungsdauer kann man auch noch in zwei Phasen aufteilen. Nach der ersten vierstündigen Phase sollte eine Mittagspause von zwei Stunden eingehalten werden, da kommen auch Pflanzen und Tiere einmal zur Ruhe. Nachmittags kann dann nochmal 4,5 Stunden beleuchtet werden. Die Mittagspause ist wichtig, weil in der unbeleuchteten Zeit der Stoffwechsel der Pflanzen umgekehrt wird. Es wird Sauerstoff verbraucht und CO2 ans Wasser abgegeben. So gelangt mehr CO2 ins Wasser, das den Pflanzen bei Leuchtbeginn wieder zur Verfügung steht. Durch die Pause werden auch Algenwuchs, Nährstoffprobleme oder Mangelsymptome vermieden, und eine zusätzliche CO2-Versorgung ist nicht mehr unbedingt erforderlich.
Durch die starke Beleuchtung steigt der Stoffwechsel der Pflanzen. Sie wachsen schneller, benötigen aber auch mehr Nährstoffe, was nur mit ausreichender Düngung erzielt werden kann. Mangelsymptome oder Algenwuchs sind oft auf nicht ausreichende Düngung zurückzuführen. Ratsam wäre es außerdem, wenn die Aquarienbeleuchtung in zwei bis drei verschieden starken Phasen stattfindet. Unsere Pflegeaquarien werden morgens und abends je eine Stunde lang mit nur einem Drittel der Lichtstärke beleuchtet, eine weitere Stunde mit zwei Dritteln Leuchtkraft und die restlichen 2 bis 2,5 Stunden voll beleuchtet.
Auf der ganzen Welt wird es nur da warm, wo die Sonne scheint, selbst am Nordpol. Ich rate daher, die Heizung über Nacht auszuschalten. Dieser kleine Temperaturunterschied reicht aus, um das Immunsystem der Fische und Pflanzen zu stärken.

Moderne LEDBalken (hier von sera) sind sparsam und lassen sich gegebenenfalls steuern.

In der Mittagszeit darf die Beleuchtung auch gerne einmal Pause machen.

Mehrmals täglich

Oftmals werden unsere Fische nur einmal täglich gefüttert. Natürlich sterben keine Fische oder Pflanzen, wenn nur ein Mal täglich gefüttert wird. Wie die meisten Lebewesen können auch unsere Fische und Pflanzen lange Hungerperioden überstehen. Ich bin davon überzeugt, dass etwa 80 % aller Aquarien überfüttert werden. Besser ist es, mehrmals täglich zu füttern und zu düngen.

Hochwertiges Futter, am besten mehrmals am Tag in kleinen Portionen gereicht, ist besser als einmal viel.

Immer nur sehr kleine Mengen und etwas weniger, als tatsächlich benötigt wird. Der so entstehende Kampf um das Futter erhöht den Adrenalinspiegel und ist gesund für das Immunsystem. lch würde mich freuen, wenn viele Aquarianer ihre Beleuchtungszeiten und die Temperatur überdenken und eventuell auch senken. Ein- bis zweimal die Woche sollte ruhig etwas mehr gefüttert werden. Unsere Pfleglinge erhalten in dieser Zeit ein gutes Gefrierfutter.
Auch für kurze oder lange Urlaube empfehle ich, kleine vorbereitete Futterportionen zurechtzulegen. So haben Pfleger/-innen keine andere Möglichkeit, als nach der Vorgabe zu füttern. Wie bei uns Menschen ist auch eine gute Ernährung für Fische und Pflanzen von enormer Bedeutung. Sehr oft wird das billigste Futter oder der günstigste Dünger verwendet, auch oft gekauft in übergroßen Mengen.
Da aber auch diese Produkte ein Verfallsdatum haben, empfehle ich, Dünger und Futter nie für mehr als drei Monate auf Vorrat zu haben.
Probier meine Tipps doch einmal aus! Zum alten „Fahrplan“ kannst Du ja jederzeit immer noch zurückkehren, wenn Du den Eindruck hast, das sei doch besser.

Die Fütterung sollte nicht in einem beschatteten Bereich des Aquariums erfolgen, sondern unbedingt im beleuchteten Teil. (Grafik: FiltAS)