Sulawesi Keepers wollen „die anderen Seen retten!“

Sulawesi Keepers wollen „die anderen Seen retten!“

Invasive Flowerhorns rotten Arten im Matanosee aus

Text: OLIVER MENGEDOHT
Fotos: MARKÉTA REJLKOVÁ

Die Mission unseres Partners Sulawesi Keepers ist es, Aquarianer, Wissenschaftler, Naturschutzorganisationen und lokale Gemeinschaften zusammenzubringen, um das Aussterben der endemischen Süßwasserfauna von Sulawesi zu verhindern. Gründerin Markéta Rejlková war im September erstmals 18 Tage selber auf der indonesischen Insel, um sich einen Eindruck von der Situation zu verschaff en und sich mit lokalen Experten, Forschern und Naturschützern zu treffen.

„Wenn Ihr eine schnelle Antwort auf die brennende Frage haben wollt, ob die Situation in den Seen wirklich so alarmierend ist: ja. Leider ja“, berichtet die tschechische Aquarianerin und Kuratorin für Fische, Reptilien, Amphibien und Wirbellose im Zoo Ostrava. Der Matanosee verwandele sich „in ein trauriges, trübes Becken für Flowerhorns“.
Dort habe sie nur noch einige gut versteckte Garnelen gefunden und gar keine Tylomelania-Schnecken mehr, die kleiner als sechs Zentimeter waren. „Ich sah Flowerhorns, die auf jede kleinste Bewegung lauerten und den See komplett dominierten.“

Flowerhorns im Matanosee, Algen und Verschlammung machen den Matanosee zu einem unfreundlichen Ort.

 

1983 zuletzt gesehen

Sulawesi ist besonders berühmt für seine große Biodiversität an Süßwassergarnelen. Aber es gibt auch einige schützenswerte endemische Fischarten in den Seen der Insel. Alle sind insbesondere durch die freigesetzten Flowerhorn-Cichliden, eine Kreuzung südamerikanischer Buntbarsche, gefährdet. Daneben, berichtete Jiří Patoka beim Jahrestreffen des Arbeitskreises Wirbellose in Binnengewässern (AKWB) im Oktober, spielen weitere invasive Arten wie etwa der Australische Flusskrebs Cherax quadricarinatus eine Rolle sowie Abholzungen und Schadstoffeintrag durch die
Nickelminen, neue Dämme und intensive Landwirtschaft – „es wird schlimmer und schlimmer“.
„Einfach gesprochen: Sulawesi ruft S.O.S“, verdeutlichte Jiří den Ernst der Lage. „Wir wollen das aufhalten, uns vernetzen, Wissen teilen und Tiere vermehren.“ Von den Sulawesidrobia-Schnecken etwa gelten 100 % als vom Aussterben bedroht, der Entenschnabelkärpfling Adrianichthys kruyti und die Grundel Mugilogobius amadi letzten Mal gesichtet worden. „Vielleicht sind sie ausgestorben, vielleicht nicht, wer weiß.“ Alle sechs endemischen Krabbenarten gelten als gefährdet.

Berühmt ist Sulawesi auch wegen der vielen endemischen Tylomelania- Schnecken.


Markéta und ihre Reisegefährten Martin Hauskrecht (Slowakei) sowie Christian Reusch (Deutschland) haben alle Ausgaben des Trips selbst bezahlt, das Budget der Sulawesi Keepers blieb unangetastet. Vor Ort halfen unter anderem Diky Dwiyanto, ein Experte für Süßwassergarnelen von der Tadulako-Universität in Palu und Mitglied der Naturschutz-NGO Celebica, und Kurniawan P. Bandjolu vom Mosintuwu-Institut. Am Pososee habe es zunächst wie am karibischen Meer und voller Leben ausgesehen. Unter Wasser sei es nicht so schlammig gewesen wie befürchtet. Krabben liefen noch frei herum, auch kleine Exemplare, zudem viele Schnecken, „es sieht aus wie ein Garten Eden für Süßwasserschnecken“. Die sehr populäre Tylomelania sp. orange traf das Team in gesunden, dichten Populationen an, außerdem Tylomelania toradjarum in großer Zahl. Aber auch Flowerhorns und ebenfalls invasive Türkisgoldbarsche (Melanochromis auratus) seien weit verbreitet. Auf den ersten Blick wirke das wie ein gesundes Ökosystem, müsse aber genau beobachtet werden – „das kann besser oder schlechter werden“.

Die Reisegefährten Diky Dwiyanto, Markéta Rejlková, Martin Hauskrecht und Christian Reusch (v.l.n.r.).

 

Voll von Schlamm

Am Towutisee gebe es noch Krabben und Schnecken sowie einheimische Garnelen in Mengen. Jiří gab zu, „das waren wirklich überraschend große Schwärme der pelagischen Garnele Caridina lanceolata“, die er auf Videos gesehen habe. Auch Caridina striata und C. woltereckae versteckten sich nicht, ein großer Unterschied zu Garnelen in Seen mit großen Populationen von Flowerhorns. Das Ökosystem sehe hier noch gesund aus, die Flowerhorns seien noch scheu und selten.
Am Matanosee sehe es auf den ersten Blick auch gut aus. Aber die Minenstadt
Sorowako sei zwar wichtig für Indonesien, aber die Umwelt komplett gestört. Von der Nickelmine werden Sedimente und Schadstoffe ins Wasser gespült, doch das kümmert niemanden – sie ist der größte Arbeitgeber der Region.
Der Matanosee ist bereits voll von Schlamm und es sind nur noch leere Schneckenschalen zu finden. Flowerhorns streifen überall in großer Dichte umher, neugierig und gar nicht scheu. „Wenn Du einen Stein umdrehst, kommen sie und gucken, was sich da versteckt“, so Markéta. Sie hat ein Video gedreht, wie Dutzende Flowerhorns eine große Pantherkrabbe (Parathelphusa pantherina), die am See ein ikonisches Wahrzeichen ist, förmlich zerfleddern. Für diese Art habe sie keine Hoffnung, die Population gehe rapide runter. „Darum wäre es so wichtig, sie in Aquarien zu vermehren.“ Der Matanosee liege über Mahalona- und Towutisee, die invasiven Arten können also wahrscheinlich in die unteren Gewässer migrieren. „Ich fürchte, der Matanosee ist nahezu verloren – aber wir können versuchen, die anderen Seen zu retten!“

Große Flowerhorns kommen im Matanosee häufig vor.

 

Auslöschung stoppen

Die Zucht gefährdeter Arten in Aquarien biete Möglichkeiten für die Zukunft. Im
Moment gebe es zwar keine Möglichkeit, dem Ökosystem im Matanosee effektiv zu helfen, aber vielleicht ändere sich das. „Wenn wir keine Tiere züchten, wird es sonst gar nichts geben, was wir wiederansiedeln können.“
Die Sulawesi Keepers wollen etwas verändern: „Versuchen, die Auslöschung zu stoppen und Spezies für die Zukunft zu retten.“ Aquarianer können helfen, vor Ort, mit Spenden, mit ihrem Wissen, das sie mit anderen teilen, und Nachzuchttiere austauschen. „Erzählt von uns und bleibt in Verbindung“, appelliert Jiří.
„Wenn ich diese Reise in wenigen Worten zusammenfassen müsste, würde ich die Insel wohl als Paradies für Schnecken und einzigartigen Ort der Erde bezeichnen – in dem sich leider der Vorhang unerbittlich schließt“, findet Markéta ein Schlusswort. „Ich sah jagende Flowerhorn-Cichliden, die mich unglaublich traurig machten. Aber ich glaube immer noch daran, dass wir das Steuer noch herumreißen können, und wenn es nur dadurch geschieht, dass wir lernen, diese bedrohten Arten zu züchten und auch langfristig im Aquarium zu erhalten.“

 

Infos:

www.sulawesikeepers.org

www.facebook.com/SulawesiKeepers

 

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Die Zeitschrift zum Artikel:

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