Beschreibung Titelbild: Der eigentlich ganz hübsche Kampffischmann wurde genmanipuliert, was seine Farben erklärt.
Text & Fotos: LOU HERFURTH
Wer die Aquaristikszene ein wenig auch über den deutschen Beckenrand verfolgt,
bekam in den letzten Jahren durchaus mit, dass es ein wenig kriselt – jedenfalls, wenn wir nach Asien und in die USA blicken. Eines der wohl kritischsten Themen ist hier womöglich die Sache mit den Leuchtfischen, die nicht nur ich nachdenklich beäuge und verfolge. Aber wer den Teufel ruft, der sollte sich nicht wundern, wenn er wirklich auftaucht: zum Beispiel auf einer renommierten Zierfischbörse in Baden-Württemberg.
Aber drehen wir das Rad mal kurz zurück schauen wir uns an, was es mit Leuchtfischen auf sich hatte und warum sie in europäischen Aquarien besser nicht zu finden sind. Angefangen hat die Sache 2003 in Taiwan, als ein transgener Medaka vorgestellt wurde (nach leuchtenden Zebrabärblingen an der Universität Singapur zu Forschungszwecken). Dieses Fischlein konnte im Dunkeln leuchten und wurde trotz heftiger Proteste seitens der FDA kurz darauf zum Verkauf in den USA zugelassen.
Nur wenig später hatte sich Yorktown Technologies das Ganze als GloFisch patentieren lassen, sich „Produktion“ und Vertrieb dieser „GenTech-Haustiere“ unter den Nagel gerissen und hippe Namen für die verschiedenen Farben erfunden: Sunburst Orange, Electric Green, Cosmic Blue oder Galactic Purple. Und damit hatten sie Erfolg, denn in den Staaten haben die schwimmenden Leuchtfischchen einen echten Hype losgetreten. Wer sich in amerikanischen Facebookgruppen he rumtreibt, kann die Tiere, häufig kombiniert mit schmissigem Kunststoffkitsch, noch immer bewundern.
Der ursprüngliche Gedanke, in die Biologie einzugreifen, war in den 1960er-Jahren eigentlich ein ehrenhafter und hatte weniger mit der privaten Fischhaltung zu tun. Vielmehr wurden sie als lebende Sensoren in der Umweltüberwachung entwickelt, um Schadstoffen im Wasser auf den Grund zu gehen. Die angewandte Technik trägt aber auch dazu bei, die räumliche Verbreitung in Zellen zu betrachten. Vor allem in der Molekularbiologie wird es als sogenanntes Reportergen genutzt. Einfach ausgedrückt, kann es also bestimmte Eigenschaften sichtbar machen und kommt auch in der Krebstherapie als Tumoranzeiger zum Einsatz.
Die saphirgrünen Augen sind ein sicheres Indiz, dass hier nicht nur Mutter Natur am Werk war.
Badisches Börsen-Kuriosum
Vor Kurzem erhielt ich einen seltsamen Anruf, der beinahe etwas verzweifelt klang: Auf einer Zierfischbörse in Baden-Württemberg wurden gelbe Kampffische gefunden, die irgendwie „anders“ aus sahen. Ein erster Blick verriet auch mir, dass hier definitiv nicht nur die Natur am Werk war. Beide Tiere wurden mit anderen Kampffischen beider Geschlechter im selben Aquarium angeboten und waren bereits erheblich angeschlagen. Daraufhin wurden sie gekauft, um sie gesund zu pflegen und näher zu beobachten.
Eine genauere Beschauung des Kampffischpärchens ergab schließlich, dass es sich mutmaßlich um genmanipulierte Tiere handelte, denn beide wiesen neongelbe Farben und saphirgrüne Augen auf. Auch hatten beide vermutlich entzündete Labyrinthorgane, was sowohl ihre Verletzungen als auch ihr Verhalten klärte.
Noch am selben Abend verstarb das Weibchen, das sowohl auf der Börse als auch danach ein atypisches Schwimmverhalten aufwies. Dieses wurde umgehend gefrostet, weil weitere Recherchen erforderlich waren. Selbst tiefgefroren leuchtete es noch immer.
Vor allem das Weibchen fiel durch seine extremen Farben auf – es verstarb noch am selben Tag.
Selbst die Augen des toten Tiers leuchteten völlig unnatürlich.
Auch das Männchen starb kurz darauf. Zwischenzeitlich involvierte ich den VDA in die Angelegenheit, der die weiteren Ermittlungen in Zusammenarbeit mit Veterinärbehörde und Börsenaufsicht aufnahm, auch Experten des Dachverbandes wurden hinzugezogen.
Kurz nach Entwicklung der genmanipulierten Tiere gelangten die Leuchtfische auch nach Deutschland, wurden aber seitens Tierschutzbehörden und aufgeklärter Aquarianer boykottiert. Zucht, Haltung und Handel wurden untersagt. 2007 wurden sie in einem Kieler Aquariengeschäft angeboten, aber umgehend konfisziert. In Brasilien, wo Glofish auch verboten sind, konnten bereits Exemplare aus Fischfarmen entkommen und bedrohen andere Arten, weil sie sich rasant vermehren und laut Forschern dort keine natürlichen Feinde haben.
Die Konsequenz aus dem Handel mit genmanipulierten Tieren kann bei 50.000 Euro und fünf Jahren Haft liegen. Doch damit nicht genug, tauchten die Tiere auch auf einer Kieler Zierfischbörse auf, woraufhin sich der Verkäufer ein sofortiges Hausverbot und eine Anzeige beim Veterinäramt einhandelte.
In Brasilien konnten bereits Glofish aus Fischfarmen in die Natur entkommen.
Leuchtfische – ob Kampffische, Skalare, Zebrabärblinge, Salmler oder Medakas – sind nach wie vor ein Thema, das immer mal wieder aufploppt, und tatsächlich schaff en es einige findige Köpfe, die Tiere auch zu uns zu importieren. Zusammen mit weiteren Kampffischfreunden beobachte ich das Geschehen bereits seit Längerem. Dass Genmanipulation weder Kavaliersdelikt noch Lappalie ist, bewiesen im Februar sogar japanische Behörden: Ein Laborant des Tokyo Institute of Technology hatte Eier von veränderten Leuchtmedakas mitgehen lassen. Seit 2004 regelt in Japan das sogenannte Cartagena-Gesetz das Vorgehen mit Genfischen: Unter anderem sind zum Handel eine Genehmigung und ein Gutachten erforderlich, dass diese Tiere in freier Wildbahn keinen Schaden anrichten können. Der Ex-Student und einige seiner Kumpels waren die Ersten, die wegen eines solchen Rechtsverstoßes festgenommen wurden. Eines der Glofish-Exemplare war auf einer Zierfischbörse für 750 US-Dollar angeboten worden.
„Die Moral von der Geschicht“
Leuchtfische stehen nicht nur in Sachen Handel unter Patentschutz, noch dazu unter liegen sie dem Gentechverbot in der EU und der Schweiz. Fragwürdig ist neben ihrem Aussehen aber auch ihre „Pflege“: Meist stehen die Tiere unter Stress, was ihre Lebensqualität deutlich einschränken könnte, vor allem im Gesellschaftsaquarium sorgen solch unnatürliche Farben voraussichtlich für Druck bei den Beifischen. Ein artgerechtes Leben und eine natürliche Entwicklung sind daher kaum möglich.
Zucht, Haltung und Weitergabe dieser Tiere sind verboten und werden von Amts wegen geahndet. Einmal konfiszierte Fische werden außerdem vernichtet. Deswegen rät auch der Zentralzoologische Fachverband (ZZF) vehement von ihnen ab.
Was Du tun kannst
Wenn Du in die Situation gerätst, Leuchtfische entdeckt zu haben, kannst Du Dich vertrauensvoll an den VDA wenden, der sich der Sache annimmt und Dich anonym behandelt. Nur zusammen schaff en wir es, Arten so natürlich wie möglich zu erhalten und unnötiges Fischleid zu verhindern.