Wahltag

Wahltag

Am 17. August sollte in Bolivien ein neuer Präsident gewählt werden. Die Gesetze des Landes sehen es vor, dass an diesem Tag niemand seinen Wahlbezirk verlässt, niemand Auto oder Motorrad fährt und alle Läden geschlossen bleiben. Diese Maßnahmen dienen dazu, dass Wähler besser kontrolliert werden können, und sie von einer doppelten, oder gar dreifachen Stimmabgabe in verschiedenen Bezirken abgehalten werden. Wir hatten also einen Tag Pause, den wir in Santa Rosa de Abuna verbrachten, einem kleinen Dorf mit Stadtrechten.

Der zentrale Platz ist wie leergefegt, an einem normalen Tag ist hier die ganze Stadt versammelt.

In der Nähe unserer Zelte, die wir im Garten eines Freundes aufschlagen konnten, verlief der Río Abuna selbst, ein auserkorenes Ziel für den Wahltag. Wir passierten die extra ausgebrachte Militärabsperrung, indem wir wagemutig über das schlaf über die Straße gespannte Seil stiegen und verließen die Stadt, um uns den Fluss anzuschauen. Der Río Abuna fließt direkt an der Stadt vorbei und so konnten wir zu Fuß von unserem Garten dorthin, aber der Fluss sah wenig einladend aus: Eine extrem hohe Sedimentlast, verschlammte Ufer, keine Wasservögel, keine Fische, die nach Wasser schnappten. All das sind schlechte Anzeichen und kurze Zeit später wurden unsere Befürchtungen im Gespräch mit einem älteren Ehepaar bestätigt: Fische gäbe es kaum noch im Fluss. Früher sei die ganze Stadt Fischen gegangen, aber seit einigen Jahren nun sei die Fischerei eingeschlafen. Es fing an mit der Invasion durch den Arapaima (A. gigas), der alle anderen Arten frisst. Dann wurde flussaufwärts verstärkt nach Gold gesucht und auch die ganz kleinen Fische verschwanden. Solche Tage gibt es, das ist ärgerlich, aber es gibt auch ohne Fischfang genug zu tun: Fische fotografieren.

Unser Garten, Übernachtungsplatz und Fotostudio. Der Aufbau meines Fotosetups ist mir heilig, Zeit also, um Nachrichten nach Hause zu schicken.

Wir hatten von den erfolgreichen letzten Tagen noch etwa 30 Fische, die wir uns vornehmen konnten. Teilweise waren sie bereits fotografiert, aber die Fotos waren nicht gut genug geworden, und teilweise hatten wir sie noch gar nicht im Fotobecken gehabt.  Bessere Fotos wollte ich vor allem von einem „Trauermantelsalmler“, aber nicht von dem, den wir in der Aquaristik seit Ewigkeiten kennen. Nein, von einer Art, die erst 2015 beschrieben und bisher weder exportiert noch lebendig fotografiert wurde: Gymnocorymbus flaviolimai. Benannt wurde sie nach dem brasilianischen Ichthyologen Flavio Lima, der sich insbesondere mit Salmlern beschäftigt. Die Art ist in Bolivien verbreitet und auch aus dem angrenzenden Brasilien bekannt. Wir hatten sie schon 2018 gefangen, aber damals keine guten Bilder machen können, da die Flossen unserer Individuen sehr mitgenommen waren. Nun ergab sich eine zweite Chance und die nutzten wir. Anbei also ein Foto des Fisches, der vermutlich bisher nirgendwo anders lebendig zu sehen ist.

Gymnocorymbus flaviolimai, womöglich ist das das erste Lebendbild der Art.

Die Wahl ergab übrigens, dass es im Oktober eine Stichwahl zwischen den beiden erfolgreichsten Kandidaten geben würde, keiner der sieben Anwärter konnte genug Stimmen für sich verbuchen.

Der Río Abuna, leider kein Erfolg für uns.

 

Titelbild: Prochilodus sp., ein Barbensalmler mit typischem Maul und dicken Lippen.

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