Ullis Szeneblick aus caridina 2/2025

Ullis Szeneblick aus caridina 2/2025

Unsere Kolumnistin Ulli Bauer erzählt aus dem ganz alltäglichen Wahnsinn einer Garnelenverrückten, die sich im Online-Universum bewegt.


Haben wir unsere Garnelen in der Aquaristik wirklich kaputtgezüchtet?

Warum manche Garnelen sich in bestimmten Aquarien-Setups nicht lange halten, wird von manchen Nostalgikern häufig mit dem Argument begründet, die Tiere seien eben „kaputtgezüchtet“ und dadurch viel zu empfindlich geworden. Früher, ja, früher habe man alle möglichen Garnelen einfach in Leitungswasser halten und züchten können, das ginge heute nicht mehr: Die Tiere seien ja mittlerweile durch die „übertriebene Zuchtselektion“ so furchtbar anfällig geworden!

Ich bin mir allerdings gar nicht so sicher, ob das stimmt. Haben wir die Garnelen in der Aquaristik wirklich kaputt gezüchtet? Als ich vor langer Zeit in den Garnelenwahnsinn eintauchte (sorry, als ich mit der Garnelenhaltung startete) – und jawoll, hier spricht eine alte weiße Frau –, „gingen“ eigentlich nur Neocaridina, Amanos und Tigergarnelen in so gut wie allen Setups; schon Bienengarnelen galten damals als Fall für absolute Spezialisten. Anfängern wurde vehement von ihrer Haltung abgeraten. Und das waren in den frühen 1990ern noch keine Hochzuchten, das waren stinknormale Bienengarnelen!

Diese Tiere galten als – wenn überhaupt – grade mal haltbar, aber längst nicht als in jedem Wasser vermehrbar. Wie das halt so ist, wenn man absolut auf Weichwasser spezialisierte Wirbellose auf Hartwasser zwingt … wusste damals nur keiner. Als dann die ersten noch anspruchsvolleren Taiwan Bees und gar die Sulawesigarnelen aus den Alten Seen auf den Markt kamen, wurde die Sache nochmals um ein Vielfaches komplizierter.

Dazu kommt: Wir halten Garnelen erst seit einer relativ kurzen Zeit im Aquarium, verglichen zum Beispiel mit Guppys oder Neons, die schon gut hundert Jahre hierzulande paddeln und über deren natürliche Habitate wir schon lange detailliert Bescheid wissen. Wir kennen die exakten Wasserwerte aus dem Bienenhabitat zum Beispiel erst seit 2014 – das sind grade mal 11 Jahre!

Foto: Ulli Bauer

Die Entwicklung schritt rasant voran, und bald kamen die ersten Soils und Aufhärtesalze auf den Markt, weil es eben einen großen Bedarf und eine dementsprechend große Nachfrage gab – und schwupp, rückte die Haltung von Caridina logemanni auch für Lieschen Müller in greifbare Nähe, die der Hybriden (Caridina sp.) dann irgendwann auch. Wir vergessen gern, wie schwierig die Anfänge waren!

Bienengarnelen „funktionieren“ heute in sehr viel mehr Leitungswasseraquarien als früher, weil sie über die Jahre dahingehend robuster gezogen wurden – Stichwort „Betonbienen“. Logo: Wenn nur die überleben, die mit härterem Wasser klarkommen, verschiebt sich im Laufe der Generationen der Toleranzbereich. Wenn überhaupt, dann sind die Garnelen in der Aquaristik heutzutage meiner Meinung nach sogar eher unempfindlicher geworden.


Ulli Bauer - Caridina

Eure Ulli Bauer

 

Ein Beitrag aus der

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